Das II-V-I-Ding…

Es gibt viele Dinge mit denen sich der angehende (Jazz-) Gitarrist beschäftigen muss, wobei die berühmt-berüchtigte II-V-I-Verbindung besonders wichtig zu sein scheint. Aber warum? Na ja, ein großer Teil des Standard-Repertoires im Jazz ist gespickt mit dieser Akkordfolge. Daher ergibt es durchaus Sinn sich damit zu beschäftigen. „Ja“, könnte der Zweifler jetzt einwerfen, „aber was macht sie denn nur so außergewöhnlich?“. O.K., lieber Zweifler, du hast es ja nicht anders gewollt! Hier kommt ein kurzer theoretischer Abriss:

II V I in der Theorie

Wenn wir von der Durtonleiter ausgehen, können wir von jedem Ton der Tonleiter einen Akkord bilden. Das macht man traditionell, indem leitereigene Terzen übereinander geschichtet werden; bei zwei Terzen spricht man von einem Dreiklang, bei drei von einem Vierklang.

Jetzt ist es wichtig zu verstehen, dass sich bei dieser Art von Musik alles um das tonale Zentrum dreht, in unserem Beispiel dem Ton C. An der Idee mit dem tonalen Zentrum hängt wiederum die Idee, dass jeder Akkord in einem bestimmten Spannungsverhältnis, einer bestimmten Funktion zu unserem Zentrum steht. Fast wie in einem Planetensystem, bei dem der Grundton die Sonne darstellt.

Das wichtigste Verhältnis in diesem Spiel ist das des Akkordes der fünften Stufe zu dem der ersten Stufe: G7 Cma7; Es wird eine durch den G7 aufgebaute Spannung in den Cma7 Akkord aufgelöst. Um das Ganze ein wenig eleganter aufzubauen, wird gerne ein Dmi7 Akkord vorgestellt. Dieser Akkord hat eine subdominantische Funktion, das bedeutet, dass mit seiner Hilfe die besagte Spannung aufbaut wird; er führt eventuell auch von der Tonika weg. Dieser Akkord stellt sozusagen den Übergang vom einen zum anderen dar.
Die Akkorde der Durtonleiter lassen sich also in drei Gruppen einteilen: die Tonikagruppe, die Subdominantgruppe und die Dominantgruppe. Der Hauptvertreter jeder Gruppe ist ein Durakkord: die Tonika ist Cma, die Subdominante ist Fma und die Dominante ist Gma, bei Vierklängen dann mit der entsprechenden Septime. Die restlichen vier Harmonien, die wir in der Tonleiter bilden können, lassen sich ebenfalls in diese Gruppen einteilen und arbeiten als Ersatzakkorde.
Der wichtige Ton, der sozusagen den Unterschied zwischen den Gruppen ausmacht, ist in unserer Beispiel-Tonart der Ton F. Bei Akkorden der Tonikagruppe wird der Ton F – zumindest traditionell – als dissonant betrachtet. Auch wenn der eine oder andere mit der entstehenden Spannung gut umgehen kann, so ist doch deutlich spürbar, dass es nicht zur gewollten Auflösung kommt. Deshalb findet sich in Tonika-Gruppen Akkorden kein F. Das bedeutet, dass, neben der Tonika Cma7, der Emi7 und der Ami7 in diese Gruppe gehören.

Beinhaltet ein Akkord sowohl unser F als auch den Leitton B (dt. H), haben wir es mit einem Akkord der Dominantgruppe zu tun. In unserem Fall also G7 und Bmi7(b5).

Die restlichen Harmonien haben zwar den Ton F, nicht aber den Ton B im Basisvierklang. Das macht sie – Fma7 und Dmi7 – zur Subdominantgruppe.

Interessant ist hier auch, dass die Grundtöne der Akkorde eine Terz voneinander entfernt sind und sie sich immer drei Töne teilen, was natürlich ihre Verwandtschaft unterstreicht.

Das alles bezieht sich immer auf den Vierklang in Terzschichtung, aber bedeutet nicht, dass die anderen Töne der Tonleiter nicht mitspielen dürfen! Mir geht es hier eher ums prinzipielle Verständnis; in C-Dur würde auch ein Dsus4 – wenn also die Terz durch die Quarte ersetzt wird – gegebenenfalls als IImi7 funktionieren. Da wir als Zuhörer sehr vertraut mit der Struktur der Tonleiter sind, würden wir wahrscheinlich die kleine Terz „hinzudichten“!

Praxis

Damit es nicht ganz so theoretisch bleibt, kommen hier zwei Beispiele. Ich bleibe beim Ersten allein bei den leitereigenen Vierklängen, wobei ich Gebrauch von Umkehrungen mache.

Im zweiten Beispiel nutze ich auch einige der übrigen Töne der Skala, den sogenannten Optionstönen. Die weiß markierten Grundtöne dienen hauptsächlich der Orientierung – sowohl für’s Auge als auch für die Ohren – und können auch weggelassen werden. Aus meiner Sicht haben die Farbtöne hauptsächlich eine melodische Aufgabe innerhalb des Akkordspiels, ganz so wie in einem Solo auch. Je mehr der Fokus auf die Akkordtöne gelegt wird, desto klarer wird das harmonische Bild. Werden anders herum viele Skalentöne genutzt, ergeben sich viele interessante Möglichkeiten melodisch von Harmonie zu Harmonie zu wechseln! Diese Sichtweise – also Harmonie mehr als gleichzeitig verlaufende Melodien zu betrachten – hilft auch beim Thema Voiceleading. Und das ist dann endgültig ein Thema für einen anderen Artikel…

Bis dann!