Turnaround im Blues

Der Turnaround – also im Prinzip die letzten beiden Takte einer Bluesform – ist dazu da, zunächst einmal auf dem Tonika-Akkord zu landen, um dann wieder mit dem Tonika-Akkord zu beginnen. Sie hat also denselben Anfangs-und Endpunkt. In der Tonart Bb ist der einfachste Turnaround (TA):

wobei hier sie Wiederholungszeichen enorm wichtig sind! Auch ganz am Ende des Stücks wirkt es unbefriedigend, wenn auf der Dominante F7 gestoppt wird!

Eine TA-Verbindung mit etwas mehr Bewegung führt durch die drei Hauptakkorde im Blues:

Hier ist die für die Blues und Gospel Musik bekannte Plagale Kadenz (IV->I) genau so zu finden wie die ’normale‘ authentische V->I Kadenz.

Eine Schöne Basslinie die diese Harmonien etwas erweitert aufgreift ist folgende:

Du kannst die Basslinie mit den Akkorden spielen oder auch ohne. Es klingt sehr bluesy!

Eine gängige melodische TA-Variante ist diese:

mit Akkorde und in die Bassstimme gesetzt:

Zu guter Letzt probiere doch einfach die beiden Figuren zu kombinieren:

Und nur falls du dich fragst wie du die Akkorde spielen kannst:

Viel Spaß!

Frank

Ein kurzes Lick von Allen Hinds

Allen Hinds ist ein Gitarrist auch L.A., der vor allem durch seine elegante und geschmackvolle Legato-Technik hervorsticht. Er hat einen sehr schönen und eigenen Ansatz, den ich in einem separaten Blogpost versuchen werde zu analysieren.

Aber hier kommt erstmal ein sehr „gitarristisches“ Lick aus der Halbton/Ganzton Skala (HTGT):

Diese kleine Idee nutzt den typischen Vorteil von HTGT, die Symmetrie. Außerdem liegt die kurze Phrase wirklich gut auf dem Griffbrett. Mach Dir beim üben und spielen bewusst, dass du alles was aus HTGT (bzw. GTHT) kommt in kleinen Terzen – also drei Bünde – in alle Richtungen verschieben kannst!

Wenn du Fragen oder auch Vorschläge für kommende Blogposts hast, schreib mir direkt eine E-Mail: kontakt@frank

Viel Spaß und bis bald!

Frank

Cooles Legato-Lick mit hippem Gmaj7(sus4)-Arpeggio

Für das Handout  meines  „Electric Guitar Workout“ Workshops habe ich ein Legato-Lick geschrieben, das ich gerne mit euch teilen möchte. Es lässt sich über einen A-Moll Akkord, eine II-V-Verbindung in G-Dur oder auch einen D7-Akkord spielen. Bevor ich die Linie in ihre Bestandteile zerlege, solltest du sie einmal spielen:

Abb.1: Legato Beispiel Lick in A-Moll

Die ersten vier Sechzehntel Noten stellen eine große Vorbereitung für den Ton A, auf der Zählzeit 2, dar. In der zweiten Vierergruppe wird einfach die Dorische Tonleiter abwärts gespielt, mündend in dem Ton D. In der dritten Vierergruppe ziehen wir einen kleinen „Schlänker“, der in der weiterentwickelt wird. Die erste Vierergruppe des zweiten Takts kann wieder wie eine chromatische Vorbereitung auf den Ton E, dem ersten Ton der zweiten Vierergruppe, betrachtet werden. Die Idee des chromatischen „Umzirkelns“ (chromatic enclorure) wird in der nächsten Vierergruppe weitergeführt. Dieses mal landen wir bei der Terz des A-Moll Akkordes, C. Das C in der dritten Vierergruppe stellt die Quarte eines G-Ma7sus4-Arpeggios dar, mit dem das Lick endet.

Auch wenn die Beschreibung fast wie ein Radiokommentar einer seltsamen Sportübertragung wirkt, hoffe ich, dass meine Gedanken und die Konstruktion der Melodie klar geworden sind.

Auch wenn dieses Lick als technische Übung für das Legato-Spiel dienen soll, kannst und solltest du es natürlich auch musikalisch nutzen! Spiel die Melodie über einen statischen A-Moll-Sound oder über einen D7-Klang. Probiere die Linie auch über C-Dur-Sounds. Ich finde es schwierig so chromatische Linien über einen Dur-Klang zu überlagern, aber vielleicht kannst du ja auch nur Teile der Melodie ausprobieren. Das ist sowieso ein guter Punkt: Am hilfreichsten ist es , wenn du die Linie quasi als Beispiel nimmst und sie nach deinem Geschmack veränderst, kürzt, verlängerst oder, nach ihrem Beispiel, selber Linien komponierst!

Viel Spaß und wenn du Fragen oder Kommentare hast, schick mir gerne eine Email!

Griffbrettorganisation, die Zweite

Vor einiger Zeit habe ich ja einen kurzen Artikel zum Thema Organisation auf dem Griffbrett veröffentlicht, wobei es dabei hauptsächlich darum ging,  die Oktavbilder als Orientierung für Skalen, Arpeggios und auch Akkorde zu nutzen. In diesem Text geht es darum das Griffbrett als solches kennen zu lernen. Natürlich möglichst ohne Drill.

Schritt Nr.1: Die E- und A-Saite lernen

Um ein bisschen mühevolles Lernen kommen wir leider nicht herum. Wobei viele Gitarristen die E-Saite von den Power- oder auch Barrée-Akkorden schon kennen dürften. Vielleicht auch schon die A-Saite. Sollte das nicht der Fall sein, kommt hier eine kleine Hilfe:

Abb1: Die E-Saite

Jetzt könntest du natürlich einfach die Töne auswendig lernen (nicht meine Lieblingsvorgehensweise), oder für jeden Ton wieder vorne anfangen zu zählen (auch nichts für mich).

Aber der einfachste Weg ist es, sich klar zu machen, welche Töne schon bekannt sind. Vielleicht weißt du schon, dass der 3. Bund der E-Saite der Grundton des G-Dur-Akkords ist, also der Ton G. Oder du weißt vom Stimmen der Gitarre, dass der 5. Bund der leeren A-Saite entspricht. Im 12. Bund fängt der Spaß von vorne an – nur eben eine Oktave höher. Der Ganzton unter dem E ist der Ton D, im 10. Bund. So oder so ähnlich erarbeite ich mir viele kleine „Ankerpunkte„, mit deren Hilfe ich mir die E-Saite erschließe. Und danach dieselbe Prozedur die A-Saite.

Abb.2: Die A-Saite

Das war schon der anstrengendste Punkt auf dem Weg zur Aufschlüsselung des Gitarrengriffbretts! Als nächstes gibt es visuelle Hilfe.

Die „magischen Dreiecke“

Ich bin nicht ganz sicher, wo ich das erste Mal mit dieser Idee in Kontakt gekommen bin. Im Hinterkopf habe ich, dass mir der Gitarrist Peter Fischer die Sache erklärt hat, vielleicht habe ich es auch irgendwo gelesen. Wie dem auch sei, es handelt sich bei den magischen Dreiecken um eine Erweiterung der Oktavbilder, die ich in dem schon erwähnten Blogartikel erklärt habe. Nur, dass diese Bilder aus drei Tönen bestehen. Dreiecke, eben.

Das erste Dreieck hat den gewählten Ton – hier ein F – auf den E-Saiten und der D-Saite:

Mit diesem ersten Bild, sind wir in der Lage drei von sechs Fs auf dem Griffbrett zu orten. Das zweite Dreieck gibt uns die Position der anderen drei:

Jetzt kennen wir alle Fs bis zum 12. Bund, wo sich das Griffbrett und damit auch die Dreiecke wiederholen! Natürlich kannst und musst du die Bilder verschieben, um die anderen Töne zu lernen. Bei einigen Tönen musst du ein Dreieck über den 12. Bund hinaus verschieben, damit das Bild zustande kommt. Zum Beispiel bei dem Ton Bb:

Abgesehen davon, ist es jetzt sehr leicht sich jeden Ton auf dem Griffbrett zu erschließen.

Ein Übungsvorschlag

Ich habe die Töne auf der Gitarre in zwei Schritten gelernt. Für beide Schritte habe ich mir jeden der 12 Töne auf einen kleinen Notizzettel geschrieben und die 12 Zettel in eine Schüssel oder ähnliches gelegt. Dann habe ich einen Ton gezogen, und erstmal die Positionen des jeweiligen Tons in den Dreiecken geübt, zunächst ganz ohne Druck und Stress. Wenn das gut klappt, solltest du die Töne in-Time, am besten mit Hilfe eines Metronoms oder einer App, spielen.

In einem zweiten Schritt – und die beiden Schritte können sich gerne auch überlappen – habe ich die Position des gezogenen Tons „den Saiten nach“ – natürlich mit Klick – geübt. Also erst die E-, dann die A-, dann die D-Saite, und so weiter. Das habe ich jeden Tag mit zwei Tönen gemacht, und in kurzer Zeit war das Griffbrett entschlüsselt! Ich hoffe sehr, der Tipp hilft dir weiter! Sollten Fragen auftauchen, melde dich einfach per Email!

Viel Spaß

Frank

Michael Brecker – Saxophon-Licks für Gitarristen

Saxophonist Michael Brecker (* 1949, † 2007) ist einer der wichtigsten Stimmen der Jazzgeschichte, und es lässt sich viel über ihn schreiben. Zum Beispiel, dass er mit seinem Bruder Randy einige der wichtigsten Fusion-Stücke komponiert und gespielt hat, dass er als Studio- und Sessionmusiker auf unzähligen Alben zwischen Pop, Rock und Jazz mitgewirkt hat oder, dass er mit seinem kraftvollen, individuellen Sound eine ganze Generation von Musikern – hier natürlich vor allem Saxophonisten – beeinflusst hat.

Aber darauf möchte ich gar nicht so sehr eingehen. Mir geht es heute vielmehr um Michaels Talent, bitonale Linien klingen zu lassen, als wären sie das Selbstverständlichste der Welt. Ein beliebtes Werkzeug Breckers war dabei das sogenannte ‚Side Slipping‚, wobei anstatt des eigentlich klingenden Akkordes, über einen ‚gedachten‘ Akkord einen Halbton über oder unter demselben gespielt wird. So einfach die Beschreibung ist, so schwierig ist es das Konzept musikalisch klingen zu lassen. Oder wie einer meiner Lehrer mal sagte: „Outside spielen ist leicht! Nur wieder reinkommen ist die Schwierigkeit…“

Ich habe zwei sehr schöne Beispiele von Michael gefunden. Sie stammen beide von einer Live-Aufnahme eines Blues, gespielt im Quartett mit dem Gitarristen Pat Metheny, dem Schlagzeuger Antonio Sanchez und Christian McBride am Kontrabass.

Bei dem ersten Abbildung handelt es sich um eine schöne Db-Moll Pentatonik-Linie. Sie könnte auch genau so von einem Gitarristen sein und stellt ein tolles Beispiel dar, wie eine Pentatonik klingen kann. Das Besondere ist – abgesehen von dem wirklich coolen rhythmischen Effekt durch die Akzente -, dass Brecker dieses Lick – wie gesagt: in Db-Moll – über eine II-V-Verbindung in C-Dur spielt; die Akkorde sind also Dmi7 G7 und C. Probiere die Linie erstmal über einen Db-Moll Akkord aus, so dass sie also ‚Inside‘ klingt, und wenn es klappt, spiele das Lick über die Akkorde in C.

Auf der Aufnahme steht die Melodie ziemlich für sich, was es eventuell etwas schwieriger macht. Mein Tipp wäre, das Lick mit einer kurzen melodischen Phrase in C-Dur aufzulösen, falls du dich mit der Reibung schwer tust.

Abbildung 1: Db-Moll Pentatonik-Linie

Auch das zweite Beispiel wird über eine II-V-I-Verbindung gespielt. Im Großen und Ganzen nutzt Brecker die C-Dur Tonalität – nur, dass er, im Übergang zwischen dem ersten und zweiten Takt, einen ‚Sideslip‚ nach Ebmi7 einschiebt. Das macht aus der vielleicht etwas ‚biederen‘ Linie, eine gefühlte Achterbahnfahrt! Vor allem, weil er nicht, wie man es bei vielen Jazzmusikern häufig hört, die Dominante G7 mit dem Outside-Sound würzt, sondern in der Mitte des Dmi7-Taktes anfängt und relativ früh im G7-Takte den bitonalen Effekt auflöst.


Abbildung 2: Sideslip II-V-I

Die Melodien von Michael Brecker können sehr heraufordernd sein, vor allem, wenn sie auf die Gitarre übertragen werden sollen! Die Beispiele funktionieren meiner Meinung nach auch sehr gut in einem moderatem Tempo, und selbst wenn nicht, lässt sich bei der Beschäftigung mit den Beispielen vieles für die eigenen Improvisationen lernen.

Ich wünsche dir viel Spaß und Inspiration. Wenn du Fragen oder Kommentare hast, schreibe mir gerne eine Email!

Bis bald,


Frank

Grenzen

Intro

Vor einiger Zeit habe ich das Buch “Free Play” von Stephen Nachmanovitch gelesen, und bin dabei über ein Kapitel mit dem Titel “Die Kraft der Grenzen” gestoßen. Der Autor beleuchtet das Thema aus sehr interessanten Blickwinkeln (“Klassischen Musikern wird beigebracht, große Klänge zu erzeugen, um große Konzerthallen zu füllen. Rockmusiker werden selbst in kleinen Räumen so verstärkt, als hätten sie ein Stadion zu füllen. Aber in kleinen Räumen mit kleinem Publikum kann man sehr fein spielen, indem man die Saiten fast nur beatmet…”). Das hat mich motiviert, mir meine eigenen Gedanken zum Thema “Grenzen” zu machen. Angefangen mit der Frage: Was genau ist denn eigentlich eine Grenze?

Nach kurzer Web-Recherche (OK, ich hab bei Wikipedia nachgeschaut…) lässt sich lesen, dass es sich dabei um den “Rand eines Raumes und damit ein Trennwert, eine Trennlinie oder eine Trennfläche” ist. Es wird also offensichtlich etwas getrennt – wobei der erwähnte Raum in unserem Fall eher nichts begehbares, wie ein Garten oder auch ein Staat ist. Ich bin ehrlich gesagt weniger an Dingen wie Gartenzäunen oder ähnlichem interessiert. Es geht mir viel mehr um die Grenzen der Fähigkeiten, und wie man eventuell daran arbeitet, sie zu verschieben.

Ich glaube es ist falsch, Grenzen als unüberwindliche, einengende Mauer zu betrachten. Wer sich mit seinen bestehenden Möglichkeiten – also der sprichwörtlichen “Komfortzone” – zufrieden gibt und die Grenzen seiner Fähigkeiten als gegebenen, festen Rahmen wahrnimmt, verpasst eventuell viele Gelegenheiten über sich hinaus zu wachsen!

Als zugegebenermaßen extremes, aber überaus inspirierendes Beispiel soll hier der Autor, MMA-Sportler, Sprecher und Unternehmer (“Entrepreneur”) Kyle Maynard, den Autor des Buches ”No Excuses” genannt werden. Eine schönes Interview mit ihm gibt es auf dem YouTube Kanal von Tim Ferriss unter diesem Link: https://www.youtube.com/watch?v=21EI93rB8pI

Ich möchte den jetzt schon strapazierten Begriff der “Grenze” auch als “Spielregel” verstehen – als bewusst gesetzte Einschränkung, in deren Randbereich es viel zu entdecken und zu probieren gibt. Das Ziel ist es, neue kreative Impulse zu bekommen und vielleicht die eigenen Grenzen auszuloten und natürlich zu erweitern.

Mit Grenzen arbeiten

Die Idee von “Grenzen” im Sinne einer Spielregel kennen wir alle. Mir fällt zum Beispiel sofort das Buch “The Advancing Guitarist” von Mick Goodrick ein. In dem Buch plädiert der Autor dafür, eine Weile das für die Gitarre typische “Boxendenken” wegzulassen, und die Gitarre ihrer Länge nach zu betrachten und zu nutzen. Er schränkt die Übung sogar noch so weit ein, dass er jede Saite einzeln angeht. Im Klartext bedeutet das: Spiel ein Solo über einen Standard oder einen einzelnen Akkord ausschließlich auf der E-Saite. Dann auf der B-Saite. Und so weiter. Wenn du damit fertig bist, wie wär’s dann mit zwei Saiten? Also vielleicht E- und B-Saite? Oder D- und E-Saite. Dann mal mit drei Saiten, und immer so weiter.

Durch diese Spielregeln werden wir gezwungen die Gitarre anders als normalerweise zu sehen, und damit werden gewohnte Abläufe ausgeklammert. Das führt fast zwangsläufig zu neuen Dingen, neuen Wegen auf dem Griffbrett, anderen Melodien. Je länger wir uns der Übung widmen, desto interessanter und musikalischer werden unsere Improvisationen.

Es findet in einem sehr kleinen und definiertem Raum eine Entwicklung statt, indem wir den Randbereich der jeweiligen Grenze ausloten: Die Regel ist, dass ich nur diese Saite nutzen darf, aber keiner sagt, dass ich nicht beide Hände nutzen darf! Jazzgitarrentapping – warum nicht?!

Mit ein wenig Fantasie lassen sich endlos viele Spielregeln und damit Grenzen finden, an denen wir wachsen können! Du spielst nur mit dem Plektrum? Gut! Dann nutze jetzt für eine Weile deine Finger; Was für Möglichkeiten hast du? Wes Montgomery hat seinen Daumen genutzt, klassische Gitarristen nutzen Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger der rechten Hand. Es gibt und gab auch immer mal wieder Gitarristen, die den kleinen Finger genutzt haben. Welche Kombinationen ergeben Sinn? Nur mit dem kleinen Finger zu spielen ist offensichtlich unpraktisch, aber wenn du es probierst, hast du die Erfahrung gemacht und kannst sie zu deinem Vorteil nutzen. Auch ein “Ok, das ist jetzt nichts für mich” ist ein gutes Ergebnis. Du bist ein reiner “Fingerstyle-Gitarrist”? Probiere doch mal für eine Weile, mit dem Plektrum zu spielen.

Ich nutze hier Beispiele aus der Welt der Gitarre, aber die Idee lässt sich auf alle möglichen Aspekte übertragen. Ein Reim ist beispielsweise nichts anderes: Bestimmte Silben innerhalb einer Phrase müssen gleich klingen. Natürlich lässt sich das genauer definieren und in der Hiphop und Rapmusik gibt es sehr interessante, spannende Beispiele dafür. Aber ganz grundlegend lässt die Idee eines Reims so zusammenfassen. Wer also etwas schreiben möchte und sich entschließt seinen Text zu reimen, nutzt die gewählte Einschränkung als Rahmen für Kreativität.

Andererseits ist manchmal auch die Not Ausgangspunkt von besagtem Rahmen: Wer schon mal vergessen hat einzukaufen, dann abends aber spontan Gäste bekommt, weiß wovon ich rede. Es wird aus dem gezaubert, was der Kühlschrank hergibt, und manchmal ist das Ergebnis häufig nicht nur besser als die Anfangsbedingung vermuten lässt, sondern übertrifft was sonst geplant gewesen wäre!

Der Maler Pablo Picasso hat diese Art Arbeit mit Grenzen quasi perfektioniert! Er hat in den Jahren 1901 bis 1905 seiner Trauer um den Freitod des Malers Carlos Casagemas, einem engen Freund Picassos, Ausdruck verliehen, indem er in knapp 100 Werken fast ausschließlich die verschiedensten Varianten der Farbe Blau genutzt hat.

Bei all den Überlegungen dürfen wir den Randbereich, das “fast”, nicht aus den Augen verlieren: Wo will oder muss ich die gesetzte Grenze übertreten und was passiert dann? Wenn ich eine Weile ausschließlich mit einer Pentatonik-Tonleiter improvisiert habe, wirkt der erste Ton außerhalb der Skala wie eine frische Brise! Wenn ich ausschließlich einen bestimmten Voicing-Typ spielen möchte, aber dann einen anderen Akkord spielen muss, einfach weil ich eine Wissenslücke habe, kann von frischer Brise nicht die Rede sein… Aber auf lange Sicht ist die zweite Erkenntnis wertvoller als die erste! Sie zeigt mir die Lücken auf, an denen ich arbeiten kann, wenn ich das möchte!

Im “regulären” Spiel, sei es tatsächlich bei einem Konzert, einer Probe oder auch nur im eigenen Übungsraum mit einem Play-Along, mache ich mir die Erfahrungen aus den Übungen zunutze. Niemand zwingt mich bei den von mir gesetzten Grenzen zu bleiben! Es ist im Spiel durchaus möglich von Grenze zu Grenze, von Regel zu Regel zu springen und mit den verschiedenen Möglichkeiten tatsächlich zu spielen. Das erlaubt es mir in den jeweiligen Randbereich vorzudringen, zu erkunden und Neues zu entdecken. Wenn eine Regel ausgereizt ist, wende ich mich einfach einer anderen zu.

Nur um das kurz klarzustellen: Das “Regeln ändern” darf nicht dazu führen, dass meine Improvisation unzusammenhängend oder willkürlich wirkt! Ich sollte in der Lage sein, eine Idee fortzuführen, bis sie musikalisch ausgedient hat.

An Grenzen arbeiten

Es ist nützlich und macht Spaß sich bestimmte Grenzen aufzuerlegen, mit diesen zu arbeiten und sich zu entwickeln. Darüber hinaus gibt es allerdings auch die persönlichen Grenzen, also die tatsächlichen Ränder unserer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Da ist zum Beispiel das Tempo, mit dem eine bestimmte Linie auf unserem Instrument gespielt werden soll, der eine Akkord, bei dem immer auf denselben Griff zurückgegriffen wird oder auch das eine Stück, das nicht im Gedächtnis bleiben will.

Wir reden hier aber auch über persönliche Grenzen in Form von Ängsten, wie Bühnenangst oder auch die Angst, dass die Grenzen meiner Fähigkeiten auffallen und andere ungünstig über mich urteilen, also der Angst seinen “Status” zu verlieren.

Egal wie wir diese persönlichen Grenzen auch betrachten, es geht meistens darum an ihnen zu arbeiten. Das geht in aller Regel nur langsam – und zwar in mehrfacher Hinsicht. Wenn ich an meinen Wechselschlagfähigkeiten (der Gitarrentechnik) arbeiten möchte, ist es nicht damit getan, einmal einfach das Metronom hochzustellen, und schon kann ich die Technik schneller umsetzen! Es dauert eine Weile, bis sich ein spürbarer Effekt einstellt. Der Übeprozess als solcher verlangt von mir – nachdem ich die Grenze für mich definiert habe, was wirklich wichtig ist! -, dass ich das Tempo zurückschraube. Das, was besagte Grenze darstellt, ist häufig nicht das Tempo selber, sondern ein Parameter in meinem Spiel, und hier gilt das Prinzip, dass langsames Spiel mir die Möglichkeit gibt mühelos(er) zu spielen. Wenn jetzt, wieder langsam, das Tempo angezogen wird, wird meistens schnell klar, wo das eigentliche Problem liegt. Oder um es mit einem Sprichwort zu sagen, das den Navy Seals zugesprochen wird: Slow is smooth and smooth is fast (Langsam ist flüssig, und flüssig ist schnell.)

Es ist meiner Erfahrung nach übrigens keine gute Idee mit einer ‘Drill-Idee’ an seinen Grenzen zu arbeiten. Das entspricht, um bei dem Beispiel von vorhin zu bleiben, dem Übungskonzept einfach das Metronom auf das Zieltempo zu stellen und so lange zu üben, bis es funktioniert. Das führt schnell zu Frust und birgt die Gefahr sich zu verletzen. Nicht zu unterschätzen ist auch der Effekt, dass sich das Ohr an die Unsauberkeiten und fahrigen Ausführungen gewöhnt.

Es ist meistens der eine, kleine machbare Schritt, der in die gewünschte Richtung weiterführt. Wenn jemand Bühnenangst hat, ist es sicher keine gute Idee ihn oder sie direkt auf eine Bühne zu stellen um dort ein zweistündiges Konzert zu spielen. Vielleicht ist der erste machbare Schritt, bei einer befreundeten Band beim Aufbau zu helfen, also sich Gelegenheiten zu suchen bei denen der oder die betreffende Person zwar auf einer Bühne steht, bei der es aber nicht um ihn oder sie geht. Der nächste Schritt könnte sein die Band anzusagen und dann vielleicht in der Woche drauf ein Stück bei einem ‘open Mike’-Abend zu spielen. So lernt die Person langsam aber sicher, dass es auf einer Bühne nichts gibt, was es zu fürchten gilt.

Die gleiche Idee lässt sich auf (fast) alles anwenden. Wenn ich dringend an meinem Repertoire arbeiten muss, ist es nicht sinnvoll mit 10 Stücken gleichzeitig anzufangen! Es kann sinnvoll sein sich 10 Stücke vorzunehmen und dann einen machbaren Zeitrahmen abzustecken. Ich möchte an dieser Stelle auf meinen Text “Go for goals” hinweisen.

Mit dem Konzept der kleinen Schritte und dem Vorsatz nett zu sich zu sein (und zu bleiben!), ist es möglich die eigenen Grenzen zu verschieben, an sich zu arbeiten und neues zu lernen!

Freiheitsbetrachtung

Auf den ersten Blick verbinden wir mit dem Begriff der “Grenze” vielleicht etwas einschränkendes. Umso spannender, dass “Grenzen”, in der in diesem Text genutzten Definition, durchaus etwas befreiendes haben können! Wenn wir einen Improvisations-Beginner (und wenn wir ehrlich sind, nicht nur den) auffordern etwas zu spielen – also tatsächlich irgendwas, wir schnell klar, dass es ohne Einschränkung gar nicht so einfach ist kreativ zu werden. Einen ähnlich überfordernden Effekt erreicht man, wenn man jemanden willkürlich auffordert, irgendetwas zu erzählen.

Die Fülle der Möglichkeiten macht es fast unmöglich einen Pfad zu wählen, und den dann auch zu beschreiten. Erst wenn eine Einschränkung gemacht wird, kann der kreative Prozess losgehen.

Das soll nicht bedeuten, dass “Freiheit” nicht möglich wäre! Nur wer Freiheit als Zustand ohne Grenzen definiert, hat aus meiner Sicht etwas falsch verstanden. Nicht “Freiheit von”, sondern “die Freiheit zu” ist entscheidend. Ich entscheide mich dazu, beim Üben auf ein bestimmtes Thema zu achten und andere Parameter zu ignorieren. Oder auch: Ich entscheide mich in meiner Improvisation für den Grad der Dissonanz, will heißen: Wie sehr folgt mein Spiel den “Regeln”.

Man könnte also abschließend sagen, dass Grenzen und die Reibung an ihnen erst die Freiheit und das Bewusstsein von Freiheit ausmachen!

Coda

Die Grenzen der beiden verschiedenen Ansätze, also “mit” und “an” Grenzen zu arbeiten, verschwimmen natürlich in vielen Fällen, auch wenn die Unterscheidung für dieses Gedankenspiel sicher sinnvoll ist.

Im Dunstkreis der Stoiker lassen sich viele Übungen finden mit dem Gedanken finden, seine Grenzen zu erkennen und sich auf “wost case-Szenarien vorzubereiten. Seneca, Philosoph und Schriftsteller, hat beispielsweise dazu angeregt, “eine Woche mit magerstem und einfachstem Essen und “spärlich in schlichten Lumpen” gekleidet zu verbringen, um sich dann zu fragen, ob dies wirklich das Schlimmste ist, was zu befürchten sei. Die Idee ist sich seiner Grenzen klar zu werden und neugierig und fast spielerisch herauszufinden, was eigentlich passiert, wenn diese dann überschritten werden.

Ich möchte nicht dazu auffordern, dass jeder nun eine Zeit lang nur noch in Jogginghosen herumläuft und Instant-Suppe isst; Es geht mir darum, die gegebenen, oder vielmehr gedachten Grenzen zu hinterfragen, sich selbst eine “Grenze” – oder ”Spielregel” – zu setzen und zu schauen, was das mit einem macht. Was passiert am Rand der Grenze und was, wenn die Grenze überschritten wird. Ich muss nicht erwähnen, dass einige Grenzen besser nicht überschritten werden; Recht, Gesetz, Gesundheit und auch Moral sollten – auch gegenüber sich selbst! – gewahrt werden.

Ich hoffe, meine Gedanken sind hilfreich, und ich freue mich über Feedback und Anregungen. Ich bin per Email oder über meine Homepage www.frankschultzmusic.com zu erreichen.

Griffbrettorganisation

Das Gitarrengriffbrett kann eine große Herausforderung sein. Auf dem Klavier haben wie eine klare, optische Einteilung von schwarzen und weißen Tasten, die eine Unterscheidung zwischen den Stammtönen (C D E F G A B) und den Tönen die mit # oder b versehen sind. Außerdem ergibt sich, durch die Intervallstruktur er Durtonleiter ein gut erkennbares wiederkehrendes Muster.

All das haben wir auf der Gitarre nicht. Nicht nur das: wir haben auch 6 ‚Keyboards‘ übereinander, jeweils eine Quarte höher gestimmt – bis auf das Vorletzte. Das ist eine große Terz höher. Und pro ‚Keyboard‘ ist jeweils nur ein Ton erlaubt. Es wird, glaube ich, klar, dass wir eine eigene Form der Organisation brauchen!
Es gibt natürlich viele verschieden Möglichkeiten dieses Problem anzugehen, aber aus Platzgründen möchte ich hier nur eine vorstellen. Die Organisation von Tonleitern, Modi, Arpeggios oder auch Pentatoniken über die „Oktavbilder“ des Grundtones. In der folgenden Abbildung findest du den Grundton – in unserem Falle der Ton C – in fünf verschiedenen Bildern. Die Idee hinter dem Organisationskonzept ist jetzt möglichst alles, was du lernst – es gibt hier durchaus sinnvolle Ausnahmen! Die Halbton/Ganzton-Skala, zum Beispiel – mit diesen Grundtonbildern in Verbindung zu bringen.


Hier siehst du zum Beispiel die Durtonleiter mit den entsprechenden Oktavbildern, in rot dargestellt:

Wenn du nun zum Beispiel den Dorischen Modus mit dem Grundton C üben möchtest, ergeben sich zwei unterschiedliche Wege, die kombiniert für mich die ultimative Lösung darstellen. Die erste Möglichkeit ist, jeden Modus den jeweiligen Oktavbildern zuzuordnen. So lernst du die Töne der Tonleiter ins Verhältnis zum tatsächlichen Grundton zu setzten.

Her ein Beispiel für C Dorisch:


Das sollte dann im Laufe der Zeit natürlich für alle Modi in allen fünf Oktavbildern passieren.

Das klingt jetzt nach mehr Arbeit als es ist! Wenn du die jeweiligen Modi mit ihrer Durtonleiter – gegebenenfalls auch mit der Molltonleiter oder den anderen schon gelernten Modi –  vergleichst, lernst du die Skala auf dem Griffbrett als ‚Variation‘ der Dur(oder Moll-)-Tonleiter. Das hat viele Vorteile: Zum einen variierst du nur ein die bekanntes Bild, und zum anderen lernen deine Ohren die Sounds der Modi bezogen auf ihren Grundton kennen.

Das letztere ist nämlich das Problem bei dem zweiten Ansatz. Hierbei rechnest du im Kopf immer auf die Ursprüngliche Durtonleiter; der sogenannten „Parent Scale“, um. 

Wenn du also C Dorisch spielen möchtest, musst du wissen, dass C-Dorisch der zweite Modus der Bb-Durtonleiter ist. Nun spielst du einfach die Töne von Bb-Dur – also wieder mit dem Oktavbild Bb im Hinterkopf -, musst dir aber dabei bewusst sein, dass der „eigentliche“ Grundton C ist.

Dieser Ansatz wirkt zunächst einmal einfacher, weil du nur einmal die Durtonleiter lernen musst, aber in der Praxis kommen beide Ansätze zusammen. Deine Finger kennen die Bilder der Durtonleiter und du weißt in welcher Beziehung Dorisch und die Durtonleiter stehen, aber rein von der Organisation sollte der Grundton (und damit das Oktavbild) der tatsächliche Grundton, also C, sein.


Notenlesen

Auf einen Aspekt möchte ich hier noch kurz eingehen: Auf das Noten lesen. Natürlich ist es gut wenn wir Noten lesen lernen! Und damit meine ich, Melodien vom allgemeinen Notenbild auf die Gitarre zu übertragen. Aber was häufig nicht erwähnt wird ist, dass es über das wiedergeben von geschriebener Musik, das Griffbrett intensiv kennen lernen. Ich möchte an dieser Stelle ein Buch meines ehemaligen Lehrers David Oakes, mit dem Titel ‚Music Reading for Guitar‘ empfehlen. Es macht Spaß und greift viele Aspekte auf, die in anderen Notenlese-Werken nicht berücksichtigt werden. Wer sich nicht gleich ein neues Buch anschaffen möchte, dem möchte ich ein Beispiel aus meiner eigenen Praxis mit auf den Weg geben. Lies die folgende kleine Melodie

Mit Hilfe dieser Diagramme:


Das Konzept ist sehr einfach: Die Töne der Tonleiter sind im Notenbild des Hilfsdiagramms eins-zu-eins wiedergegeben. Das heißt, der tiefste Ton im Griffbrett-Diagramm – also das A – entspricht der ersten Note, A.

Jetzt musst du nur noch die Noten aus der Melodie oben aus dem Referenzdiagramm heraussuchen, schauen wo die Note auf dem Griffbrett liegt und spielen. Am besten machst du dir den Namen der Note noch einmal klar.

Nach wenigen Takten sollten die ersten Töne auf dem Griffbrett für dich leicht wiederzufinden sein. Schließlich ist es für den Kopf einfacher sich die Noten zu merken, als sie immer wieder mühsam aus den Diagrammen herauszusuchen.


Ich wünsche Dir bei dem erkunden des Griffbretts viel Spaß!

Für Fragen oder Kommentare kannst du mir einfach eine Mail über den Kontakt-Button auf meiner Homepage schreiben.

Akkorde für den Jazzblues

Der Blues ist ein wichtiges Thema für Jazzgitarristen. Natürlich nicht nur für Jazzgitarristen, aber im Jazz haben sich außerordentlich viele verschiedene harmonische Varianten um diese wunderbare Form gebildet. Ich habe ein Lehrvideo mit dem Titel ‚Jazzblues – Basis und Moderne‘ produziert, bei dem es vorrangig um Improvisation und eben die verschiedenen harmonischen Varianten geht. Natürlich ist auch die Begleitung ein Thema, aber der Schwerpunkt liegt auf der Improvisation. Deshalb habe ich mir überlegt zumindest ein paar Varianten hier in Form eines Blogartikels zu veröffentlichen. Für meine Patreons gibt es noch ein bisschen mehr auf meiner Patreon-Seite www.patreon.com/frankschultz
Die erste Variante, mit der ich hier beginnen möchte, ist fast schon ein Klassiker und auch in dem erwähnten Video zu finden. Es werden sogenannte ‚Shell-Voicings‘ – bestehend aus dem Grundton, der Terz und der Septime – um einen Optionston – die 9 oder 13 – oder eine Alteration – b9, #9, b5 oder #5 – ergänzt. Das Resultat sind relativ einfach spielbare und gut klingende Voicings.


Abb1: Standard Jazzblues mit 9-und 13-Akkorden

Für die nächste Variation des Jazzblues in Bb habe ich sogenannte Umkehrungen benutzt. Von Umkehrungen sprechen wir, wenn immer dieselben Töne in verschiedenen ‚Reihenfolgen‘, besser noch: Stimmen, gespielt werden. Um das zu verdeutlichen habe ich in Abb. 2 einmal die Umkehrungen des Bb7 Akkordes aufgeschrieben. Die jeweilige Umkehrung wird durch den tiefsten Ton definiert, daher auch die Schreibweise: Bb7/D liest sich „Bes sieben mit D im Bass“.


Abb.2: Umkehrungen von Bb7 auf den mittleren Saiten (Drop2-Voicings)

Hier folgt nun in Abb. 3 eine Bluesvariante, die diese Idee nutzt. Durch die Umkehrungen und die kleine harmonische Variante in den Takten 3 und 4 wirkt diese Version deutlich anders als das erste Beispiel.

Abb.3: Blues mit den Umkehrungen der jeweiligen Akkorde

In Abb.2 und 3 werden ausschließlich die Basisvierklänge – also ohne 9, 11 oder 13 – genutzt. Die Erweiterungen der Akkorde sorgen für ein farbigeres Klangbild und lassen sich auf verschiedene Art und Weise einbinden. Zum einen kann man natürlich einfach einen oder zwei Töne zum jeweiligen Basisakkord hinzufügen. Was hier aber auf jeden Fall bedacht werden muss, ist zum einen, dass wir jetzt – im Gegensatz zu den vier Stimmen vorher – einen fünf- oder sechsstimmigen Akkord haben. Eine zweite Möglichkeit ist es, einfach einen der vier Töne im Akkord so zu verändern, dass quasi ein neuer Vierklang entsteht, der den ursprünglichen Sound ersetzt. Man spricht hier von einem ‚Substitut‘. Wenn wir zum Beispiel den Grundton Bb unseres Bb7-Akkordes durch die None C ersetzen, ergibt sich –  mit Hilfe des Basses, der weiterhin den Grundton spielt – ein Bb7,9-Klang. Die Töne C, D, F, Ab bilden den Vierklang Dmi7(b5). Wir können uns als Regel merken: Um einen Dominant-7,9-Sound zu erzeugen, kann der Ursprungsakkord durch einen Moll-7(b5)-Akkord eine Terz höher ersetzt werden. Natürlich auch durch seine Umkehrungen.


Abb.4: Umkehrungen für Dmi7(b5)-Akkorde

Als Abschluss folgt hier nun eine Blues-Variante die  dieses Substitut und die vorangegangenen Ideen mischt.  Die Akkorde im oberen System entsprechen dem Standard Jazzblues, die Akkorde im unteren System entsprechen dem jeweiligen Substitut.


Abb.5: Blues in Bb mit allen besprochenen Varianten

Ich hoffe, die Beispiele sind hilfreich und inspirieren zu eigenen Variationen. Solltest du Fragen oder Kommentare haben, melde dich gern per Email!

Viel Spaß beim ausprobieren!

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Eleganz

Es gibt beim Musik machen verschiedene Adjektive, die häufiger genutzt werden. Oft sind das technische Begriffe, wie ‚laut‘, ‚leise‘ oder,  gerade im Unterricht, Begriffe, die helfen sollen bestimmte Spielweisen hervorzuheben, wie ‚getragen‘ oder ‚lebhaft‘. In diesen Fällen wird ziemlich schnell klar was gemeint ist. Ein Wort – und die daran hängende Bedeutung – das aus meiner Sicht viel zu selten genutzt wird, ist der Begriff der Eleganz. Als ich neulich einen Schüler bat, das Stück noch einmal, nur eben etwas eleganter zu spielen, guckte er mich nur fragend an. Was ist denn bitte damit gemeint? Oder, wie er es formulierte: Häää?


Mode und viel mehr


Ich sah mich gegenüber dem fragend schauenden Schüler in der Situation den Begriff nun mit, am besten praktischem, Inhalt füllen zu müssen. Das erste was mir einfiel war – tatsächlich für uns beide etwas irritierend – Beispiele aus der Modewelt.

Nachdem das nicht zum erwünschten Verständnis bei meinem Schüler geführt hat, habe ich angefangen weiter über den Begriff nachzudenken und ein wenig zu forschen. Laut Wikipedia wurden vor allem im 18. Jahrhundert nach der neuesten Mode gekleidete Männer mit dem Begriff ‚Eleganz‘ beschrieben. Inzwischen wird der Begriff natürlich auch für Frauen genutzt, und häufig mit einer gewissen Schlichtheit assoziiert, wobei ’schlicht‘ nicht ganz richtig ist, nicht ganz ausreicht für eine Beschreibung! Ein schlichter Jogginganzug wird wohl kaum mit ‚Eleganz‘ in Verbindung gebracht. Oder andersherum: ein mit Pailletten besetztes Abendkleid wirkt erstmal nicht ’schlicht‘, kann dem Träger aber durchaus zu einer eleganten Erscheinung verhelfen.

Vielleicht kommen wir der Sache etwas näher, wenn wir uns andere Bedeutungen für den Begriff der Eleganz anschauen.
In den Naturwissenschaften, vor allem in der Mathematik, wird der Begriff der Eleganz genutzt um einen Beweis oder einen Lösungsweg zu beschreiben der besonders einfach, klar und nachvollziehbar ist. Auch hier könnte im übertragenen Sinne der Begriff ’schlicht‘ greifen.

Außerdem wird Eleganz mit Bewegung assoziiert. Tänzer, Artisten, Models oder auch Katzen bewegen sich elegant. Sie bewegen sich sicher, grazil und mit einer auffälligen Gewandtheit. Anmutig, sozusagen.


Und jetzt kommen wir wieder zum Instrument zurück. Wenn wir uns auf einem Instrument – egal welchem – gewandt, anmutig und sicher bewegen wollen, geht das über ein ‚richtig‘ weit hinaus! Viele Schüler – und ehrlich gesagt nicht nur die – haben das Ziel, das, was sie machen korrekt zu machen. Aber das ist nicht ausreichend! Wir sollten das Ziel haben, elegant zu spielen und dabei über Begriffe wie ‚Richtig‘ und ‚Falsch‘ hinausgehen. Um das zu erreichen, ist natürlich Üben – sogar Trainieren – nötig. Damit sollte auch das Ziel des Ganzen klar sein: Mühelosigkeit.

Erst wenn das, was ich übe mühelos – und ganz wichtig: nicht fehlerlos oder perfekt – beherrsche, kann sich die Eleganz einstellen. Und dann ergibt sich auch ein elegantes Erscheinungsbild, was uns in gewissem Maße zur Mode zurückführt.

Coda


Nur ein kurzer Nachtrag: Für allgemeine technische Übungen empfehle ich den Artikel ‚Griffbrett Gymnastik‘ und wenn dich interessiert, wie du am das Ziel der Mühelosigkeit erreichst, lies doch mal in die Texte ‚Übungsgedanken – Mit weniger mehr?‘ und ‚Von selbst so‘ hinein. Vielleicht helfen sie. Sollten noch Fragen oder Anmerkungen sein, schreib mir einfach eine E-Mail, unter Blog@frankschultzjazz.de.

Griffbrett Gymnastik

Aufwärmen:


Im Sport ist es üblich und unbestreitbar sinnvoll sich aufzuwärmen. Die Muskeln werden auf die bevorstehenden Aufgaben vorbereitet und mit dem richtigen Training wird dafür gesorgt, dass die optimalen Leistungen aufgerufen werden können, wenn es darauf ankommt. Nun ist aber Gitarre spielen kein Sport, auch wenn es hier und da Parallelen gibt. Wie sollte also ein Aufwärmprogramm für uns Gitarristen aussehen?


Die Finger und die Hand:

Die meiste muskuläre Arbeit beim Spielen unseres Instrumentes, haben wohl die Hände, bzw. die Finger zu leisten. Um die Handgelenke auf das Spielen vorzubereiten, beginne ich gerne mit einfachen Bewegungen. Es ist meines Erachtens nicht sinnvoll den Händen extra Stress zuzumuten, indem ich extreme Bewegungen mache. Meistens beginne ich mit einfachen Drehbewegungen der Hände in beide Richtungen. Im Anschluss ‚male‘ ich liegende Achten in die Luft, indem ich die Hände hin und her drehe; erst Handfläche unten, dann Handfläche oben(siehe Beispiel 1)

Beispiel 1:

Die Bewegung wird durch die Unterarme unterstützt. Beide Übungen sollte mit möglichst großer Entspannung durchgeführt werden!
Dann schüttele ich die Hände gut aus und massiere sie. Hierbei arbeite ich mich von der Handfläche zu den Finger hinauf. Danach lasse ich meine Finger durch die Luft ‚tanzen‘. Es sieht ein bisschen aus, als würden die Finger eine ‚Laola-Welle‘ machen. Auch diese Übung muss entspannt durchgeführt werden.


Jetzt ist es an der Zeit das Instrument in die Hand zu nehmen, um langsam ein paar Töne zu spielen. Das kann prinzipiell alles sein, aber ich empfehle den letzten Aufwärmschritt mit einer Technikübung zu kombinieren.
Im Rahmen des Aufwärmprogrammes können die Finger auch etwas gedehnt werde, wobei ich hier zur Vorsicht rate! Die Finger und Handgelenke zu stressen und so zu dehnen, dass größere Umfänge gegriffen werden können ist nicht unbedingt sinnvoll! Ein berühmtes Beispiel für definitiv zu viel Stress und Dehnung ist Robert Schumann, der angeblich seine Piano Karriere beenden musste, weil er mit Hilfe einer Maschine die Dehnung seiner Hände verbessern wollte. Also bitte auf gar keinen Fall übertreiben! Meistens ist man mit Übungen, die mehr Geschmeidigkeit zum Ziel haben weit besser bedient!
Was durchaus – vor allem bei längeren Übesessions – sinnvoll sein kann, ist den Rücken und die Beine in sein Aufwärmprogramm mit aufzunehmen. Der Rücken wird häufig in einer ‚Fehlposition‘ gehalten und dadurch einseitig belastet. Ein Vorbereitung durch leichtes Aufwärmen vorher, und immer wieder Gegenbewegungen zwischendurch können entlastend wirken!
Leichtes beugen und strecken des Oberkörpers und Dehnbewegungen zu den Seiten, gegebenenfalls das drehen der Schultergelenke, sollten schon genügen.

Technische Übungen am Instrument


Technische Übungen haben für uns unterschiedliche Ziele. In diesem Text soll es hauptsächlich darum gehen, die Finger geschmeidig zu machen und so für bessere Beweglichkeit zu sorgen. Darüber hinaus soll trainiert werden die Finger unabhängig von einander bewegen zu können. Als Nebenprodukt wirst das Spiel flüssiger und schneller.

Experiment:


Probiere einmal folgendes Experiment aus: klopfe mit dem Zeige- und Mittelfinger der linken Hand so schnell du kannst auf die Tischplatte. Mache dabei so kleine Bewegungen, wie es geht. Wahrscheinlich werden deine Finger sich relativ schnell verkrampfen und du wirst, wenn überhaupt, ein unregelmäßiges und gar nicht so schnelles Trommelmuster hinbekommen. Jetzt lass die beiden Finger mit relativ großen Bewegungen auf die Tischplatte trommeln. Das sollte viel besser gehen! Es ist leichter, und vor allem lauter, schneller und gleichmäßiger.
Um die Erkenntnis aus diesem Experiment auf die Gitarre zu übertragen, musst du nur das Gegenteil machen, von dem, was meistens empfohlen wird… Du versuchst nicht möglichst nahe am Griffbrett zu bleiben, sondern lässt die Finger so weit vom Griffbrett springen, wie sie möchten! Was du nicht tun solltest, ist die Finger aktiv vom Griffbrett weg zu bewegen.
Probiere diese Technik doch einmal mit der A-Dur-Tonleiter in Beispiel 2. Spiel die Tonleiter rauf und runter und lass die Finger tanzen! Lass ruhig die rechte Hand erstmal weg, wenn du Schwierigkeiten hast beide Hände zu synchronisieren

.


Beispiel 2: A-Dur Tonleiter

Mach dir keine Gedanken, falls du nicht direkt so schnell spielen konntest, wie du es dir erhofft hast! Denk‘ daran: Geschwindigkeit ist nur ein Nebenprodukt! Es geht darum die Finger während des Spielens geschmeidig zu halten!


Die rechte Hand:


Wenn du mit dem Plektrum eine Saite anschlägst, kommt es schnell zu einem „Kampf“ zwischen dir und der Saite. Das sorgt für einen eher unattraktiven Sound und Timing-probleme. Statt die Saite mit der ganzen Fläche des Plektrums anzuschlagen, probiere die Spannung der Saite zu nutzen und mehr mit der Kante des Plektrums an der Saite „entlang zu rutschen“, so wie du es in Beispiel 3 sehen kannst. Aber bitte nicht übertreiben! Spielst du zu viel mit der Kante, wird auch das zu Sound-Problemen führen!


Beispiel 3:

Die rechte Hand und die linke Hand:


Wenn du diese (oder jede andere) Übung mit beiden Händen machen möchtest, musst du natürlich das Tempo anpassen; häufig ist eine Hand schneller als die andere. Wenn du ein Tempo gefunden hast, ist es wichtig, dass beide Hände synchron arbeiten.
Das erreichst du, indem das Anschlagen der rechten und das Drücken der Saite mit der linken Hand gleichzeitig passiert. Schlag die jeweilige Saite im Wechselschlag an und nutze für die linke Hand wieder die Tonleiter in Beispiel 2. Spiele die Töne nur kurz an und nimm direkt wieder Spannung aus dem Finger der linken Hand.

Durch dieses Staccato-Spiel ist es einfacher zu hören, ob beide Hände wirklich synchron arbeiten. Halte nach jedem Ton kurz inne und reflektiere, ob alles so geklungen hat, wie es sein soll.Nutze ein Metronom bei der Übung! Du musst nicht auf jedem Klick einen Ton spielen – tatsächlich solltest du das nicht tun -, sondern nur den Klick als Orientierung nutzen. Wenn du nicht den erwünschten Effekt erreichst, frag dich, was du ändern musst und achte auf die Schwierigkeiten, die du entdeckst! Manchmal lässt der „Kampf“ zwischen Saite und rechter Hand den Anschlag verzögern, manchmal wollen wir mit der linken Hand schneller spielen, als es uns technisch möglich ist. Was immer es ist, probiere die Übung und dein Spiel anzupassen; oft ist schon die Aufmerksamkeit, die wir dem Problem schenken die Lösung.

Unabhängigkeit der Finger:


Zu guter Letzt möchte ich dir noch eine Übung auf den Weg geben, die die Unabhängigkeit der Finger verbessern soll. Die Grundidee ist folgende: du legst deine Finger in den 5., 6., 7. und 8. Bund der g-Saite. Dort sollen sie nur ruhen, das bedeutet, sie sollen die Saite zwar berühren, aber nur minimal herunterdrücken. Jetzt spielst du mit dem Zeigefinger den Ton d auf der a-Saite und danach den Ton e auf der b-Saite (dt.: h-Saite) ohne die anderen Finger zu bewegen. Das Gleiche machst du nun mit dem Mittel-, Ring- und dem kleinen Finger. Ich wiederhole die Bewegungen mit jedem Finger einige Male, vor allem mit dem kleinem Finger. In Beispiel 4 habe ich diese Übung einmal mit dem Zeigefinger dargestellt.

Beispiel 4:

Wenn das gut funktioniert kannst du einige Variationen dieser Übung probieren. Du könntest beispielsweise anstatt der b- und a-Saite, die beiden e-Saiten nutzen. Oder beides abwechselnd. Du könntest erst auf die a-Saite mit dem Zeigefinger, dann mit dem Mittelfinger auf den Ton d# auf der a-Saite. Danach dann wieder mit dem Zeigefinger auf die b-Saite und zum Abschluss mit dem Mittelfinger auf die b-Saite. Die Töne bleiben bei dieser Variante so lange wie möglich liegen. Die Finger, die nicht spielen müssen ruhen weiter auf der g-Saite. Diese Übung kannst du mit allen Finger-Kombinationen und natürlich mit beiden Saitenpaar-Varianten – also a- und b-Saite und beiden e-Saiten – durchspielen.


Coda:


Es gibt natürlich viele Wege sich Aufzuwärmen und noch mehr Technikübungen zu allen möglichen Themen. Dies kann nur ein kleiner Gedankenanstoß sein sich mit diesen Aspekten zumindest ein wenig auseinander zu setzen. Es soll schließlich Spaß machen Gitarre zu spielen und nicht schmerzhaft werden! Wofür der Rahmen an dieser Stelle nicht ausreicht, ist, in wie weit der Kopf „aufgewärmt“ wird oder werden muss. Davon gegebenenfalls ein anderes Mal mehr.

Ein Chord für alle Fälle

Intro:

Ich weiß ja nicht wie es bei dir ist, aber ich ärgere mich immer, wenn mir, während ich einen Kollegen begleite, keine neuen Griffe einfallen wollen. Ich ertappe mich dabei immer das gleiche Voicing – das ist in unserem Fall ein Synonym für ‚Griff‘ – für das jeweilige Akkordsymbol zu nutzen. Wenn es dir ähnlich ergeht, ist es an der Zeit darüber nachzudenken, wie man – natürlich möglichst schnell und einfach – sein Akkordvokabular erweitert. Es wäre doch super, wenn wir einige wenige gut klingende Voicings lernen würden, die in möglichst vielen Situationen einsetzbar sind. Der Gitarren-Papst Mick Goodrick schrieb in seinem Meisterwerk ‚The Advancing Guitarist‘ sinngemäß: Es geht nicht (nur) darum wie viele Griffe du kennst. Es geht mehr um die Frage, wie viele Anwendungsmöglichkeiten du für ein Voicing kennst! Recht hat er!

Praxis:

Lass uns noch einmal über den Begriff ‚Voicing‘ nachdenken: Ich glaube, – der Begriff deutet es an – dass das Voicing aus der Idee heraus geboren wurde, mehrere Melodien oder auch Stimmen (engl. ‚Voices‘) gleichzeitig zu spielen. Ein Voicing wäre dann vielleicht so etwas wie ein eingefrorener „Melodiemoment“, eine Struktur, die zwar die jeweilige Harmonie repräsentiert, aber nicht zwangsläufig so ‚konkret‘ ist wie einer der Vierklänge die du vielleicht schon kennst, und mit denen man in Büchern und ähnlichem immer wieder zu tun hat. Wobei gerade dadurch der offene und moderne, manchmal auch etwas dissonantere Klang entsteht. Von diesen Voicings gibt es natürlich sehr viele, schließlich ist jede Kombination von Tönen denkbar. Um der Idee dieses Workshops und dem gegebenen Raum gerecht zu werden, lass uns mit einem Voicing anfangen – siehe Beispiel 1 – , und sehen wo wir es in der Praxis nutzen können!

Beispiel 1:

Beispiel 2:

Beispiel 3:

Der Akkord kann auch als Gma7(#11) genutzt werden, wie in Beispiel 4, oder als Emin6/9, so wie in Beispiel 5.

Beispiel 4:

Beispiel 5:

Der Griff findet auch Verwendung als C#moll7,11(b5)-Akkord, wie in Beispiel 6 zu sehen ist.

Beispiel 6:

Ich habe für die Beispiele möglichst gängige Akkordfolgen verwendet, meistens eine einfache II-V-I-Verbindung oder Teile aus einer Blues-Progression, damit du den neuen Akkord direkt nutzen kannst. Das ist aber nur der Anfang! Du könntest probieren, möglichst große Teile der Begleitung deines Lieblingsstücks mit dem Voicing zu spielen. Oder du könntest selber ein Stück mit unserem Griff komponieren…

Coda:

Wenn du dich lang genug mit dieser Struktur beschäftigt hast, kannst du den Akkord natürlich umkehren! Dadurch erhältst du mehr Flexibilität auf dem Griffbrett und dein Akkordrepertoire erweitert sich noch einmal, denn die einzelnen Umkehrungen klingen durch die andere Struktur der jeweiligen Umkehrung auch wieder anders – so entstehen neue Voicings, die aus den gleichen Tönen bestehen, und damit auch in den gleichen Situationen verwendet werden können!
Ich hoffe, das Voicing bringt frischen Wind in deine Akkordwelt. Sollten sich Fragen, Kommentare oder Themenwünsche ergeben, bin ich unter meiner Email-Adresse erreichbar: kontakt@frankschultzjazz.de, oder einfach über meine Homepage!
Viel Spaß!

Pentatonik, Akikaze-Joshi und das große ‚Warum‘

Intro:

Ich möchte mit diesem Text eine interessante Pentatonik Tonleiter vorstellen und der Frage nachgehen, warum es sie gibt. Aber alles der Reihe nach! „Wieso“, wird vielleicht der eine oder andere schon gefragt haben, „eine Pentatonik? Gibt es denn mehr als die Eine?“
Die allermeisten Gitarristen haben es schon mal mit Pentatonik zu tun gehabt. Sie liegt gut auf dem Griffbrett, klingt gut und es lassen sich relativ schnell Blues-und Rock-Licks mit ihr spielen. Wir reden hier über die Tonleiter in Abbildung 1.

Abb.1:

Dies ist die A Moll, bzw. C Dur-Pentatonik, wie wir sie vermutlich alle spielen. Aber sie ist nicht die einzige Pentatonik die es gibt! Pentatonik bedeutet zunächst einmal nur, dass sie aus fünf Tönen (griech. Penta = Fünf) besteht, und da gibt es eine ganze Menge Möglichkeiten! Zum Beispiel ist ein großer Teil der japanischen Musik mit unterschiedlichsten Pentatoniken gespielt, und daher – also aus Japan – kommt auch die Variante, die ich hier vorstellen möchte:

Abb.2:

Diese 5-Ton-Reihe heißt „Akikaze-Joshi“, und ist aufgebaut wie unsere „normale“ Dur-Pentatonik, mit dem Unterschied, dass sie statt der Dur-Terz E, die Moll-Terz Eb beinhaltet. Das macht sie einer Moll-Pentatonik.

Praxis:

Für die praktische Anwendung müssen wir erstmal wissen wo die Tonleiter auf dem Griffbrett liegt. Deshalb habe ich sie in Abb. 3 für das ganze Griffbrett einmal aufgeschrieben. Vielleicht fällt dir die Ähnlichkeit mit der Dur-Pentatonik auf?

Abb.3:

Für die eigentliche Anwendung habe ich mir eine II-V-I-Verbindung in C Moll vorgenommen. Da die neue Skala ja, wie erwähnt, eine Molltonleiter ist, kannst du natürlich C-Akikaze-Johsi über den I-Akkord spielen:

Abb.4:

Die Töne der Skala färben den Akkord mit der großen None und der großen Sexte ein, so dass der Gesamtklang einem Cmi6/9-Akkord, beziehungsweise einem Cmi7,9,13 entspricht. Durch die Erweiterungen haben wir es mit einer sehr farbigen und relativ komplexen Variante eines Moll-Tonika-Akkordes zu tun!

Wenn du die Tonleiter genauer unter die Lupe nimmst, wirst du eventuell feststellen, dass in C Akikaze ein Ami7(b5)-Akkord steckt, und das bedeutet, dass wir auch den IImi7(b5) Akkord mit der Tonleiter „bedienen“ können! Hierfür müssen wir die Tonleiter nur von C- nach F-Akikaze verschieben.

Abb.5:

Wir können also die erste und die zweite Stufe der Akkordverbindung mit der neuen Tonleiter bespielen. Und was ist mit der fünften Stufe? Akikaze-Joshi kommt in der Durtonleiter einmal vor, mit dem Grundton auf der zweiten Stufe. Aber auch in der für den modernen Jazz so wichtigen Melodisch Moll Tonleiter kommt unsere Skala vor, und zwar direkt mit dem Grundton auf der ersten Stufe. Damit können wir Akikaze auch nutzen um Alterierte Klänge zu kreieren! Für den Fall, dass das jetzt zu schnell ging: Die sogenannte Alterierte Tonleiter entsteht auf der siebten Stufe von Melodisch Moll. Wenn ich also über einen G7(alt)-Akkord improvisieren möchte, muss ich nur Ab Melodisch Moll über den Akkord spielen. Oder eben Ab Akikaze-Joshi. Und das habe ich in Abb. 6 einmal getan:

Abb.6:

Warum eigentlich?

Ein anderes Thema, das im Raum steht, ist, ob es überhaupt sinnvoll ist eine ’neue‘ Pentatonik zu lernen, die Teil sowohl der Dur- als auch der Melodisch Moll-Tonleiter ist. Warum nicht direkt mit diesen Tonleitern Melodien spielen?
Wenn wir diese Frage von der anderen Seite her betrachten, muss man dann auch Fragen, ob zum Beispiel die „normale“ Pentatonik so etwas eine Einsteiger-Tonleiter ist, die ich vergessen kann, wenn ich die Durtonleiter und ihre Modi kennen gelernt habe?
Das ist natürlich nicht so! Jede Struktur – auch innerhalb einer bestehenden Tonleiter! – liefert einen eigenständigen Klang, der wiederum eine charakteristische Stimmung erzeugt. Wenn du also die Intervallstruktur von beispielsweise Akikaze-Joshi magst, und Teile deiner Improvisationen auf dieser Tonleiter basieren lässt, erweiterst du dein persönliches Klangspektrum um eben diesen Sound. So gesehen ist es ratsam möglichst viele dieser Strukturen kennen und spielen zu lernen!

Coda:

Am Schluss möchte ich nur noch kurz darauf hinweisen, dass ich es ratsam finde, sich einen möglichst einfachen Zugang zu suchen. Es ist wie beschrieben möglich, Akikaze-Joshi als Variation der Dur-Pentatonik zu betrachten. Oder aber als mi7,11(b5) Arpeggio. Je nachdem womit du dich intensiver beschäftigt hast, wird dir die eine oder andere Sichtweise leichter fallen.
Ich habe gern das Gefühl, dass ich nichts Neues lerne, sondern nur etwas Bestehendes erweitern muss, um auf das erwünschte Ergebnis zu kommen.
Ich hoffe der Artikel ist ein wenig lehrreich, inspirierend oder beides. Falls dich dieses Thema – oder andere auf Jazz, Improvisation oder Musik bezogene Themen – interessieren, stehe ich für Unterricht oder auch Workshops zur Verfügung! Bei Interesse, Fragen, Kritik oder Lob freue ich mich über einen Kommentar oder eine Email!Kategorien:

Von selbst so

Eine Frage, über die ich immer wieder stolpere, die sozusagen immer im Raum steht, ist die, was denn im Kopf passiert – oder passieren sollte – wenn improvisiert wird. „Was denkst du wenn du spielst?“, fragte mich neulich noch ein Schüler. Und die Antwort ist gar nicht so einfach. Reflexartig möchte man sagen: am besten an nichts. Aber stimmt das?

Multitasking

Wenn eine Linie über einen Akkord oder eine Akkordfolge improvisiert wird, gibt es viele Dinge, die im Kopf herumwuseln können: die auserwählte Skala, vielleicht ein Arpeggio, die Notendichte, Rhythmus, Dynamik, Artikulation, die Notenauswahl, Fingersatz, rechte-Hand-Technik, Sound, etc

Wenn wir über all dieser Teilaspekte des Spiels bewusst entscheiden müssten, wäre das Ergebnis am Ende wahrscheinlich nicht schön anzuhören. Es erinnert mich an ein Interview, das ich vor einigen Jahren im Radio gehört habe. Interviewt wurde ein Autor, dessen Bücher häufig die Sprache an sich zum Inhalt haben. Ich habe eine Ankündigung gehört und hoffte auf ein unterhaltsames Gespräch mit vielen Pointen und Sprachwitz. Aber es kam anders! Jeder Satz wirkte gestellt und unnatürlich staksig artikuliert. Ich bilde mir ein herausgehört zu haben, dass der Interviewte, vermutlich aus Sorge vor einem Fehler, jede Einzelheit seiner Antworten durch sein Bewusstsein hat laufen lassen. Das mag zwar alles richtig gewesen sein, aber witzig oder auch interessant zuzuhören war das nicht!
Genau so verhält es sich natürlich auch mit dem improvisieren! Carl Gustav Jung hat im Vorwort eines Buches des Autors D.T.Suzuki geschrieben: „Kein Bewusstsein kann mehr als eine ganz kleine Anzahl simultaner Vorstellungen beherbergen“. Unser Unterbewusstsein ist da auf größere Datenmengen ausgelegt! Alles, was wir mit den Sinnesorganen aufnehmen – bewusst oder nicht – landet dort. Wir können nicht alles immer ins Bewusstsein (zurück-)rufen, aber als „Erfahrung“ hat alles Einfluss auf zukünftige Entscheidungen. Daher sind die sogenannten „Bauchentscheidungen“ oft diejenigen die am Ende eines Entscheidungsprozesses den Ausschlag in die eine oder andere Richtung geben. Der „Bauch“ – im Gegensatz zum „Kopf“ – kann auf diesen riesigen Pool an Informationen und Erfahrungen zurückgreifen.

Kopfsache

O.K.. Aber was geht denn nun im Kopf vor? Eine schöne Antwort habe ich mal in einem Interview gelesen – leider weiß ich nicht mehr, wer der Interviewte war. Er beschrieb den Prozess des Improvisierens mit einer kleinen Stimme im Kopf, quasi der Zuhörer in ihm, der ihm verrät, was als nächstes kommen soll.
Häufig liest oder hört man auch, der Kopf sollte gar nicht mitspielen, was ich für mich immer schwierig finde. Der Kopf ist nun mal da und mit dabei. Wenn ich mich anstrenge an nichts zu denken, ist es absolut hinderlich! Schließlich ist „Nicht Denken!“ auch ein Gedanke…
Der gängige Vergleich von Musik und Sprache kann hier vielleicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Wir improvisieren ja auch wenn wir sprechen, und dabei ist der Kopf nicht mit den Namen der gewählten Zeiten oder der einzelnen Satzbausteine beschäftigt! Es geht in erster Linie um den Inhalt. Auch sprachliche Feinheiten wie Ironie oder Übertreibung entstehen im Sprachfluss; ich zumindest denke beim sprechen nicht: „Jetzt würze ich die nächste Aussage mal mit Ironie!“. All dies passiert quasi von selbst. Und so soll es beim improvisieren auf dem Instrument auch sein!
Ganz ohne unser Bewusstsein kommen wir beim sprechen aber nicht aus! Immerhin müssen wir beispielsweise im Dialog das große Ganze – quasi das Thema – im Auge behalten. Ansonsten würden Gespräche doch sofort unvermeidbar abdriften und, am Ende, zu nichts führen! Und da bin ich wieder bei der kleinen Analogie von vorhin: alles Gespielte wird quasi gehört und wir nehmen aktiv an der Entstehung der nächsten Phrase teil. Das kann vielleicht einfach eine Entwicklung eines kleinen Motives sein. Oder auch eine gedachte Anweisung wie: „Vollgas!“, vielleicht ein Skalen-Sound oder ein Rhythmus. Interessant finde ich hierbei, dass das alles „im Moment“ passieren muss, mit permanenter Geistesgegenwart und ohne Urteil über das, was passiert.
Es strömt sozusagen durch unser Bewusstsein hindurch; häufig liest man in diesem Zusammenhang von dem Gefühl mehr Zuhörer als Aktiver zu sein.
Inzwischen gibt es einige gute Bücher, die sich mit diesem Zustand, nennen wir ihn der Einfachheit halber „Modus“, beschäftigen; Kenny Werners „Effortless Mastery“ oder „The Inner Game of Music“ von Berry Greene und W. Timothy Gallway, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Das Problem ist, dass, sobald wir uns bemühen in den Modus zu kommen, der Faden reißt und der Flow abebbt. Es langt ein Gedanke wie: “ Ist das jetzt gut genug?“, oder „Yes! Es klappt“, also das Urteilen über das was gerade passiert. Des Rätsels Lösung klingt ganz einfach: Wir müssen uns nur auf unsere passive Aufgabe einlassen und „es“ einfach geschehen lassen. In der chinesischen Gedankenwelt gibt hierfür einen Begriff, auf den ein großer Teil des philosophischen Daoismus fußt: WuWei.

WuWei

WuWei bedeutet übersetzt so viel wie „Nicht Handeln“, wobei hiermit nicht „einfach mal nix tun“ gemeint ist sondern genau das, was oben beschrieben steht: ohne spürbares eigenes Handeln Dinge erledigen. Ein anderes wichtiges Wort, quasi die andere Seite des Erledigens, in diesem Zusammenhang ist der Begriff „Ziran“, was soviel bedeutet, wie „von selbst so“.
Die alten Chinesen haben viele verschiedene Wege probiert in den Modus zu kommen – viele dieser Wege sind nicht empfehlenswert, haben sie doch mit mit der Einnahme gesundheitsschädigender Substanzen zu tun -, doch einer scheint ziemlich erfolgsversprechend zu sein: die „innere Alchemie“. Hierbei geht es um ein ziemlich komplexes Modell bei dem mit Energie („Chi“) gearbeitet wird, aber im Grunde genommen handelt es sich um Meditation. Und die muss nicht so komplex sein! Es geht schließlich darum unseren „kreativen Kanal“ frei zu bekommen!

Meditationsübung

Es geht darum unsere Aufmerksamkeit zu lenken und zu fokussieren. Wobei wir ganz „bei der Sache“ sein müssen und keine Gedanken an Zukunft oder Vergangenheit gebrauchen können. Außerdem sollten wir, wie schon angedeutet, das Urteilen sein lassen! Eine Tätigkeit, die uns leicht fällt, ist das Atmen. Also schließe bitte die Augen (bitte erst zu Ende lesen 

;-)

) und lenke deine Aufmerksamkeit auf die Atmung. Es geht nicht darum deine Atmung zu beeinflussen, beachte sie nur. Sobald ein Gedanke „aufploppt“, bemerke ihn und lasse ihn ziehen; hierbei hilft es manchmal sich vorzustellen, die Gedanken sind Wolken oder der Abspann eines Filmes. Es sollte sich eine angenehme Entspannung einstellen. Mach diese Übung zunächst für ein paar Minuten. Wenn du die Augen wieder öffnest, bist du oft schon im Modus angekommen. Jetzt musst du nur noch üben ihn aufrecht zu erhalten und aus dem Modus heraus Musik zu machen. Vielleicht kannst du dir ja, quasi als Aufwärmübung, eine meditative einfache Übung am Instrument heraussuchen, die dir hilft in den Modus hineinzugleiten…

Coda

Dieser Text bezieht sich auf Improvisation, aber die Idee lässt sich auf viele Situationen übertragen! Immer wenn es darum geht Gelassenheit zu bewahren, kreativ zu arbeiten oder fokussiert zu bleiben – ohne Druck oder Stress – kann der „WuWei-Modus“ hilfreich sein. Da sind ein paar Minuten Ruhe am Tag ein guter Anfang, oder?
Bei Fragen oder Anregungen hinterlasse mit einfach einen Kommentar oder schicke mir eine Email!

Lick of the month: Jonathan Kreisberg

Für dieses Mal habe ich mir eine Linie eines anderen Helden von mir ausgesucht: Jonathan Kreisberg. Jonathan wuchs in Miami auf, und hat dort auch studiert, um dann später nach New York zu ziehen und dort einer der einflussreichsten Gitarristen der „neuen“ Generation zu werden. Er ist als Sideman – zum Beispiel mit dem Schlagzeuger Ari Hoenig – zu hören oder auch mit seinen eigenen Projekten. Besonders empfehlen möchte ich an dieser Stelle das Gitarren Solo Album „One“, das für mich nicht nur unter den Gitarren-Solo-Alben herausragt!

Unser Lick habe ich allerdings von einem Youtube-Video abgehört, von einer Live-Aufnahme des Standards „Out of Nowhere“ aus dem Jahr 2013.

Lickanalyse und ein bisschen Theorie..

Die Linie um die es hier geht ist über einen Eb7-Akkord gespielt. Jonathan bedient sich der Skala Lydian Dominant um den Akkord einzufärben, was eine ziemlich gängige Farbe für den Akkord ist. Lydian Dominant oder auch Mixolydisch#11, entsteht als Modus der Melodisch Moll Tonleiter auf der 4.Stufe, oder andersherum gesagt: wenn ich Mixo#11 über einen Eb7- Akkord spielen möchte, muss ich die Töne der Bb Melodisch Moll Tonleiter benutzen. Es lassen sich noch ein paar mehr Dinge über die Hintergründe der Tonleiter sagen, aber für diesen Text ist zunächst nur noch wichtig, dass sie aufgrund ihres offenen und interessanten Charakters oft auf Dominanten Verwendung findet, die sich nicht direkt auflösen sondern einen Moment verharren. Genau das macht der Eb7 Akkord in unserem Beispiel.
Die Band spielt das Stück übrigens in G-Dur, daher meine Vorzeichnung:

KreisbergLick.mp3

Jonathan bedient sich unterschiedlicher Arpeggios aus der Tonleiter und lässt die Linie immer weiter aufsteigen, bis wir ans Ende (zumindest meines) Griffbretts kommen – und das alles in 16tel Triolen bei 126bpm!
Das Motiv besteht aus 5 Tönen, die um eine Triolensechzehntel verschoben sind, mit Ausnahme der zweiten Figur, die auf dem 2. Beat beginnt.
Die erste Figur mit der wir es zu tun haben, ist ein Dbma7(#5) Arpeggio. Dann folgt ein C7sus2 Arpeggio, das so nicht Teil der Skala ist. Jonathan rutscht vom „db“ zum „d“, und ich könnte mir Vorstellen das der eigentlich wichtige Ton hier das „db“ ist und das „d“ nur durch die Aufwärtsbewegung der Linie entstanden ist. Damit blieben wir gedanklich in der Tonleiter, und addieren nur einen chromatischen Ton… Bei der dritten und vierten Figur handelt es sich um ein einfaches F7 Arpeggio, quasi in zwei Umkehrungen gespielt, gefolgt von einem Ami7(b5). Der nächste Akkord, ist ein Bbmima7, wobei Jonathan von der Sexte „g“ zur Septime „a“ rutscht, also man auch von einem Bbmimaj7,13 sprechen könnte – das sind alles nur theoretische Überlegungen. Das Ganze geht so schnell, das es kaum ins Gewicht fällt. Bei der vorletzten Figur haben wir es mit einem Cmi7 Arpeggio zu tun. Das Lick wird mit einem Dbmaj7(#5) Arpeggio beendet – auf dem gleichen Sound auf dem wir gestartet sind, nur eine Oktave höher!

What’s next?

Für mich ist immer wichtig nicht nur ein Lick gelernt zu haben, das ich dann immer über 2 Takte Eb7 spielen kann. Ich möchte möglicht viel aus allem herausholen, und vielleicht in der Lage sein ein ähnliches Lick zu improvisieren! Dazu zerlege ich die Melodie in ihre Einzelteile – wie oben – und bemühe mich darum möglicht allgemein gültige Aspekte herauszuziehen und dann zu üben. Zum Beispiel könnte man jedes Motiv rhythmisch verschieben. In beide Richtungen und um alle möglichen Notenwerte. Oder man könnte andere Arpeggios zu einer ähnlichen Linie zusammensetzen. In Bb Melodisch Moll entstehen durch Terzschichtung die folgenden Vierklänge:

Bbmimaj7 Cmi7 Dbma7(#5) Eb7 F7 Gmi7(b5) Ami7(b5)

und jeder dieser Akkorde könnte Teil des Licks sein. Man könnte das Ganze mit Dreiklängen versuchen. Oder in Dur. Oder in Harmonisch Moll. Man könnte das 5-tönige Motiv nutzen um einen polymetrischen Effekt zu kreieren. Oder alles auf einem anderen Saitensatz spielen.

Oder du genießt einfach die schöne Linie! Viel Spaß beim spielen!

Kommentiere oder schreib mir doch eine Nachricht wenn dir der Text gefällt oder Fragen auftauchen!

Das II-V-I-Ding…

Es gibt viele Dinge mit denen sich der angehende (Jazz-) Gitarrist beschäftigen muss, wobei die berühmt-berüchtigte II-V-I-Verbindung besonders wichtig zu sein scheint. Aber warum? Na ja, ein großer Teil des Standard-Repertoires im Jazz ist gespickt mit dieser Akkordfolge. Daher ergibt es durchaus Sinn sich damit zu beschäftigen. „Ja“, könnte der Zweifler jetzt einwerfen, „aber was macht sie denn nur so außergewöhnlich?“. O.K., lieber Zweifler, du hast es ja nicht anders gewollt! Hier kommt ein kurzer theoretischer Abriss:

II V I in der Theorie

Wenn wir von der Durtonleiter ausgehen, können wir von jedem Ton der Tonleiter einen Akkord bilden. Das macht man traditionell, indem leitereigene Terzen übereinander geschichtet werden; bei zwei Terzen spricht man von einem Dreiklang, bei drei von einem Vierklang.

Jetzt ist es wichtig zu verstehen, dass sich bei dieser Art von Musik alles um das tonale Zentrum dreht, in unserem Beispiel dem Ton C. An der Idee mit dem tonalen Zentrum hängt wiederum die Idee, dass jeder Akkord in einem bestimmten Spannungsverhältnis, einer bestimmten Funktion zu unserem Zentrum steht. Fast wie in einem Planetensystem, bei dem der Grundton die Sonne darstellt.

Das wichtigste Verhältnis in diesem Spiel ist das des Akkordes der fünften Stufe zu dem der ersten Stufe: G7 Cma7; Es wird eine durch den G7 aufgebaute Spannung in den Cma7 Akkord aufgelöst. Um das Ganze ein wenig eleganter aufzubauen, wird gerne ein Dmi7 Akkord vorgestellt. Dieser Akkord hat eine subdominantische Funktion, das bedeutet, dass mit seiner Hilfe die besagte Spannung aufbaut wird; er führt eventuell auch von der Tonika weg. Dieser Akkord stellt sozusagen den Übergang vom einen zum anderen dar.
Die Akkorde der Durtonleiter lassen sich also in drei Gruppen einteilen: die Tonikagruppe, die Subdominantgruppe und die Dominantgruppe. Der Hauptvertreter jeder Gruppe ist ein Durakkord: die Tonika ist Cma, die Subdominante ist Fma und die Dominante ist Gma, bei Vierklängen dann mit der entsprechenden Septime. Die restlichen vier Harmonien, die wir in der Tonleiter bilden können, lassen sich ebenfalls in diese Gruppen einteilen und arbeiten als Ersatzakkorde.
Der wichtige Ton, der sozusagen den Unterschied zwischen den Gruppen ausmacht, ist in unserer Beispiel-Tonart der Ton F. Bei Akkorden der Tonikagruppe wird der Ton F – zumindest traditionell – als dissonant betrachtet. Auch wenn der eine oder andere mit der entstehenden Spannung gut umgehen kann, so ist doch deutlich spürbar, dass es nicht zur gewollten Auflösung kommt. Deshalb findet sich in Tonika-Gruppen Akkorden kein F. Das bedeutet, dass, neben der Tonika Cma7, der Emi7 und der Ami7 in diese Gruppe gehören.

Beinhaltet ein Akkord sowohl unser F als auch den Leitton B (dt. H), haben wir es mit einem Akkord der Dominantgruppe zu tun. In unserem Fall also G7 und Bmi7(b5).

Die restlichen Harmonien haben zwar den Ton F, nicht aber den Ton B im Basisvierklang. Das macht sie – Fma7 und Dmi7 – zur Subdominantgruppe.

Interessant ist hier auch, dass die Grundtöne der Akkorde eine Terz voneinander entfernt sind und sie sich immer drei Töne teilen, was natürlich ihre Verwandtschaft unterstreicht.

Das alles bezieht sich immer auf den Vierklang in Terzschichtung, aber bedeutet nicht, dass die anderen Töne der Tonleiter nicht mitspielen dürfen! Mir geht es hier eher ums prinzipielle Verständnis; in C-Dur würde auch ein Dsus4 – wenn also die Terz durch die Quarte ersetzt wird – gegebenenfalls als IImi7 funktionieren. Da wir als Zuhörer sehr vertraut mit der Struktur der Tonleiter sind, würden wir wahrscheinlich die kleine Terz „hinzudichten“!

Praxis

Damit es nicht ganz so theoretisch bleibt, kommen hier zwei Beispiele. Ich bleibe beim Ersten allein bei den leitereigenen Vierklängen, wobei ich Gebrauch von Umkehrungen mache.

Im zweiten Beispiel nutze ich auch einige der übrigen Töne der Skala, den sogenannten Optionstönen. Die weiß markierten Grundtöne dienen hauptsächlich der Orientierung – sowohl für’s Auge als auch für die Ohren – und können auch weggelassen werden. Aus meiner Sicht haben die Farbtöne hauptsächlich eine melodische Aufgabe innerhalb des Akkordspiels, ganz so wie in einem Solo auch. Je mehr der Fokus auf die Akkordtöne gelegt wird, desto klarer wird das harmonische Bild. Werden anders herum viele Skalentöne genutzt, ergeben sich viele interessante Möglichkeiten melodisch von Harmonie zu Harmonie zu wechseln! Diese Sichtweise – also Harmonie mehr als gleichzeitig verlaufende Melodien zu betrachten – hilft auch beim Thema Voiceleading. Und das ist dann endgültig ein Thema für einen anderen Artikel…

Bis dann!

Lick of the month: Gilad Hekselman

Hier ist es also, mein erstes „Lick of the month“! Ich werde mich bemühen jeden Monat eine kleine Phrase aufzuschreiben und mit einem kurzen erklärenden Text zu versehen. Manchmal werden das Ideen von mir sein, häufig aber auch improvisierte Melodien meiner Helden! Und genau so ist es in diesem Fall: das erste Lick dieser Reihe stammt von dem Gitarristen Gilad Hekselman. Gilad ist ein in New York lebender, aus Israel stammender Gitarrist und Komponist, der zunächst zu studienzwecken in die USA gereist war, um dann ein paar Jahre später seinen Hauptwohnsitz dorthin zu verlagern.
Er ist oft mit großartigen Musikern wie Ari Hoenig, Joe Martin, Marcus Gilmore u.a. in den einschlägigen Clubs zu hören, aber auch weltweit mit seinem Trio und anderen Bands unterwegs. Das Lick um das es heute geht, stammt von dem Album „Nomadic Nature“ des, ebenfalls in New York lebenden, Saxophonisten Gianni Gagliardi.

GiladsLick.mp3

Bitte lass dich nicht durch den 9/8tel Takt irritieren! Es ist ja nicht die Idee, dass du dieses Lick quasi als Baustein nimmst und immer genau so spielst, wie es dort steht! Du solltest dir die einzelnen Komponenten der Melodie anschauen: Wir haben eine sich wiederholende Note zu Beginn – ich weiß, das ist einfach, aber wann hast du das letzte Mal von dieser Idee Gebrauch gemacht? – , dann folgt eine Idee mit Quarten und darauf wiederum ein Cminma7,9 -Arpeggio. Der zweite Takt besteht aus einem Bb Dur Dreiklang und ist die melodische Weiterentwicklung des Endes des ersten Taktes.

Übungsinspiration

Gilad spielt die Linie über einen C Moll Akkord, aber du kannst sie – und ihre Einzelelemente -auch über einen Ebma7, F7 oder auch Ami7(b5) probieren.
Du könntest die Quartfigur durch die C Dorisch Tonleiter (das entspricht den Tönen von Bb Dur) entlang der Saiten verschieben, genau wie die Cminma7,9-Struktur, entprechend durch C Melodisch Moll. Die entstehenden neuen Strukturen können wiederum über jeden Akkord in C Melodisch Moll, bzw. Bb Dur gespielt werden! Das gibt viel interessantes neues Material aus nur einem Lick!

Was immer du mit dieser kleinen Melodie auch machst, ich wünsche dir viel Spaß!

Kommentiere oder schreib mir eine Nachricht doch wenn dir der Text gefällt oder Fragen auftauchen!

Übungsgedanken – mit weniger mehr?

Üben gehört sicher zum Alltag jedes aufstrebenden Musikers dazu! Bei Workshops frage ich häufiger in die Runde, wer der Anwesenden denn übt. Das führt meistens zu teils eifrigem, teils fast entrüstetem Kopfnicken. „Natürlich übe ich!“, sagt jeder.
Auf Nachfragen stellt sich aber dabei heraus, dass nur wenige mit dem zufrieden sind, was sie machen. Und die Zufriedenen spielen oft auch nur ein schon gelerntes Stück oder ein Lick und das war’s auch schon wieder. Aber: ist das dann wirklich üben?

Was ist denn dieses „Üben“?

Ob das Spielen von bekanntem Material überhaupt üben ist, hängt wohl davon ab, was der Übende als Ziel definiert hat; keiner wird bestreiten, dass Wiederholung ein wichtiger Teil des besser werdens ist. Aber nur dann, wenn es an dem Übungsmaterial etwas zu vertiefen gibt! Häufig ist diese Art der Wiederholung mehr ein „Seelenstreicheln“ und dient allein dem eigenen Ego.

Das tut zwar gut, aber wirklich verbessern können wir uns dadurch nicht, oder nur sehr langsam. Üben – im Sinn von: unser Spiel auf das nächste Level bringen, im Gegensatz zum Vorbereiten, beispielsweise einer Probe oder eines Gigs – hat etwas mit der Beschäftigung mit neuem Material, oder der Vertiefung von bereits bekanntem Material zu tun.

Häufig kann man hören, dass Kollegen sich etwas Neues „draufgeschafft“ haben. Dieses Bild finde ich nicht sehr hilfreich, haben wir doch beim Spielen gar nicht die Zeit, zwischen all den draufgeschafften Dingen das richtige zu finden! Für mich ist das Bild eines Weges zugänglicher. Ich befinde mich auf meinem musikalischen Pfad, mit all seinen Abzweigungen und Unwegsamkeiten, und immer mal wieder liegt sozusagen Technik im Weg, die mich daran hindert weiterzukommen. Also mach ich mich an die Arbeit und schaffe sie aus besagtem Weg! Sprich: ich beschäftige mich mit den Dingen, die verhindern, dass die Musik möglichst natürlich und spontan aus mir rauskommt.

Egal ob dir mein Bild hilft oder nicht, Üben an sich sollte zweckfrei sein! Damit meine ich, dass ich nicht erwarten darf, dass das Lick, das Akkord-Voicing oder der Rhythmus in meinem Spiel auftaucht! Es ist vielmehr so, dass ich für Möglichkeiten sorge. Wir arbeiten beim üben an uns, und müssen dann beim Spielen darauf vertrauen, dass unsere Übungen sich auszahlen, und herauskommt, was ich geübt habe. Das klappt natürlich nicht direkt!

Wann bin ich mit der Übung fertig? Und was ist das Ziel?

Die Frage, wann man fertig mit einer Übung ist, stelle ich auch sehr gerne, und sehr oft ist die Antwort: „Bis es perfekt funktioniert!“, oder „Bis ich zufrieden bin!“. Das Problem ist, dass eigentlich nichts „perfekt“ ist. Selbst wenn etwas einmal perfekt wirkt, beim nächsten Mal spielen ist es wieder ganz normal. Also kann Perfektion kein Maßstab sein. Und das mit der Zufriedenheit ist so eine Sache… Ich für meinen Teil bin zumindest entweder nie oder viel zu schnell zufrieden – zum Beispiel, wenn es einmal funktioniert hat und ich direkt zum nächsten Thema übergehe.

Aus meiner Sicht ist es Zeit mit einer Übung aufzuhören, wenn sie mühelos funktioniert! Nur dann kann sie (häufig ist es eine Variante, vielleicht nur ein Teil von dem Geübten) in mein Spiel einfließen.

Ein anderer wichtiger Punkt ist das Ziel von Übung! Na klar wollen wir besser werden, aber das meine ich nicht.
Worauf ich hinaus will ist, dass alles was ich übe mich in der Praxis flexibler machen soll! Wenn ich zum Beispiel eine Phrase „eindrille“, also durch möglichst gleiche Wiederholungen das Lick auswendig lerne, habe ich ein relativ „starres Gebilde“, das beim geringsten Problem „zerbricht“. Und das ist natürlich unpraktisch, denn in der Praxis ist die Spielsituation natürlich anders als die Übungssituation! Es muss nur etwas unerwartetes passieren, sei es die Bandkollegen spielen etwas anders als in der Probe oder auch ein Zuhörer bekommt einen Anruf, schon kann es sein, dass ich einen kurzen Moment unachtsam werde. Wenn dann nicht Flexibilität Ziel meines Übens war, fliege ich aus der sprichwörtlichen Kurve und gerate in Stress!

Übungspraxis

In der Praxis gilt für mich das Motto: „Arbeite lieber in die Tiefe als in die Weite!“. Damit ist gemeint, dass das was ich übe, möglichst wenig ist! Die Überschrift bezieht sich also nicht darauf wenig zu üben, sondern wenig zu üben. Nicht alles auf einmal sondern nur ein kleiner Teil – und mit dem kleinen Teil „spiele“ ich herum so viel ich kann! Ich finde möglichst viele Variationen und ändere alle möglichen Parameter.
Man kann Dinge schnell spielen oder langsam. Man kann mit Metronom oder ohne üben. Rhythmisch frei oder eben nicht. Schrecke auch nicht vor absurden Möglichkeiten zurück: Wenn du dich mit einem Lick beschäftigst, spiele es auch mal rückwärts! Wenn du übst über einen bestimmten Akkord zu improvisieren, übe auch die „falschen“ Töne!

Coda

Üben ist eine Kunstform und nicht nur Mittel zum Zweck! Und es gibt wirklich viel dazu zu sagen und zu schreiben. Ich gebe gelegentlich Workshops zu dem Thema, die Termine findest du auf meiner Homepage. Und wenn du dich in meinen Newsletter einträgst, bekommst du eine Mail von mir, wenn es etwas Neues gibt.

Ich freue mich über Fragen und Kommentare! Auf meiner Homepage gibt es die Möglichkeit, mir eine persönliche Nachricht zu schreiben oder Fragen zu stellen.

In diesem Sinne: Bis bald!

Frank

Zeit ist Geld! Oder?

Wir leben in einer Zeit, in der uns die technischen Hilfsmittel unglaublich Vieles vereinfachen. Der Laptop, beispielsweise, auf dem ich diesen Text gerade schreibe, ist eine dieser Vereinfachungen! Ich kann einen Absatz löschen oder ausschneiden, um ihn an anderer Stelle wieder einzufügen oder mit einem Handgriff die Schriftart und -größe ändern.
Mit einer Schreibmaschine oder gar handschriftlich wäre das ein riesiger Mehraufwand.


Das Handy ist ein weiteres Beispiel: immer und überall erreichbar zu sein – sowohl per E-Mail, Whats App oder auch, ganz profan, telefonisch – , macht uns um ein vielfaches flexibler und effizienter; man stelle sich nur mal vor, man müsste in seinem Büro auf einen Anruf warten oder gar auf den Antwortbrief!


OK, wir sparen also immens viel Zeit. Zumindest in der Theorie. Denn in der Realität wird wohl kaum jemand von sich behaupten, er (oder sie) habe viel Zeit übrig.
Selbstverständlich lassen wir uns deshalb unsere Zeit – mehr oder weniger teuer – bezahlen, beziehungsweise müssen für die Zeit Anderer mehr oder weniger tief in die Tasche greifen. So gesehen ist Zeit tatsächlich Geld.
Aber das Zeit mit Geld nicht wirklich gleich zu setzten ist, wird klar, wenn wir versuchen Zeit zu sparen. Oder anders herum: ich kann die Gleichen 50,-€, die ich jetzt verdienen könnte, auch später verdienen, aber das ganz bestimmte Zeitfenster um warm zu essen, mit meinen Kindern zu spielen oder einfach zu schlafen, wenn ich müde bin, kommt nicht wieder.
Dies soll unter keinen Umständen ein moralischer Zeigefinger-Text werden! Es geht vielmehr darum, nicht alles aus dem Blickwinkel der Effizienz zu betrachten, sondern die Effektivität nicht außer Acht zu lassen.


Effizienz und Effektivität


Um kurz die Begriffe zu klären: Effizienz beschreibt das Verhältnis zwischen Ergebnis und Aufwand, fragt also beispielsweise: Wie schnell kann der Abwasch erledigt sein?
Effektivität setzt ein Ergebnis mit dem eigentlichen Ziel in Verhältnis, fragt also – um bei unserem Beispiel zu bleiben – wie sauber ist das Geschirr nach dem Abwasch?


Effizienz soll hier nicht verteufelt werden. Aber es sollte im Vorfeld einer Aufgabe die Überlegung stehen, ob bei dem, was es zu tun gilt, Effizienz wirklich zielführend ist!

Ein Beispiel: Während ich diesen Text schreibe, empfange ich eine E-Mail von einem Schüler, der, sagen wir, eine Frage zur letzten Unterrichtseinheit hat. Die E-Mail wird mir sofort angezeigt und erregt natürlich meine Neugier. Dadurch wird der Gedankenfluss, der diesen Artikel formt, unterbrochen. Ich überlege unwillkürlich, – das ist ein bisschen wie mit dem rosa Elefanten, an den es doch bitte nicht zu denken gilt – worüber wir in besagter Stunde gesprochen haben oder was generell behandelt wurde. Der vorherige Gedanke rückt immer weiter in den Hintergrund, und spätestens wenn die Antwort-Mail formuliert wird, muss ich mit dem Artikel quasi von vorne anfangen. Einer Untersuchung von Dr. Gloria Mark, Professorin an der Universität Irvine/ Californien, zufolge, dauert es im Schnitt ca. 25 Minuten, bis wir den ursprünglichen Faden wieder aufnehmen, nachdem wir Abgelenkt worden sind. Dabei ist es natürlich sehr effizient die E-Mails sofort zu bekommen und in kürzester Zeit zu beantworten.
Aber effektiver ist es, sich bestimmte Zeiten einzuplanen, an denen die E-Mails manuell abgefragt und gegebenenfalls en bloc beantwortet werden.

Natürlich kommt sofort die Frage nach der Dringlichkeit auf. Was, wenn ich eine wichtige Mail verpasse? Hierzu ein Gedankenexperiment: Welchen Inhalt hat eine E-Mail, deren Beantwortung nicht einen halben Tag warten kann? Wirklich dringende persönliche Angelegenheiten finden sicher auf anderen Kanälen unsere Aufmerksamkeit. Selbst wenn eine einmalige Chance oder ein einmaliges Angebot per E-Mail „hereinflattert“, dann hat ein Zusatz, wie ‚bitte sofort Antworten‘ doch eher etwas von einem aufdringlichen Haustür-Geschäft – von denen doch so wie so abzuraten ist – als von seriösem Geschäftsgebaren.


Aber zurück zur Effektivität: Lesen ist dafür ein weiteres Beispiel. Wenn ich einen guten Roman oder ein Gedicht lese – einfach des Lesens willen – lasse ich mir viel Zeit und genieße jede Seite und jeden Satz. Anders ist das beispielsweise bei Fachbüchern, Blogs oder Artikeln, bei denen es mir ausschließlich um Informationen und Daten geht! Hier ist ein effizienter Ansatz absolut angebracht! Es ist eine gute Idee, sich mit dem Thema „Speed Reading“ zu beschäftigen, um die Informationen aus einem Text schnellstmöglich aufzunehmen. Auch mehrere Bücher parallel zu lesen kann zeitsparend, und damit sinnvoll sein – aber eben nicht, wenn es um das lustvolle Lesen eines guten Romans geht.



Kleine Helfer


Die Beschäftigung mit Zeit und deren sinnvoller Nutzung ist heute – wahrscheinlich genauso wie früher auch – enorm wichtig! Die Helfer, die uns Zeit „einsparen“ sollen, sind hervorragende Werkzeuge um Zeit sinnlos zu füllen und sich dabei gut zu fühlen!
Aber es ist natürlich nicht alles schlecht. Ich benutze beispielsweise folgende (Android-) Apps, die mir zur Zeit helfen, wenn es um das Vereinfachen meines Alltags geht:


Evernote – diese App ist quasi meine „Schaltzentrale“. Mit ihr bereite ich Unterricht, ebenso wie Texte dieser Art vor, und merke mir interessante Webseiten, genauso wie den leckeren Wein

;-)

Evernote wird auf allen möglichen Geräten synchronisiert und bietet verschiedene Möglichkeiten die Notizen mit Dritten zu teilen.

Multi Timer -Aufgaben haben die Tendenz, sich der zur Verfügung stehenden Zeit anzupassen. Habe ich fünf Stunden um eine Aufgabe zu erledigen, dauert es auch fünf Stunden. Habe ich nur drei Stunden, dauert es drei. Dieses Phänomen ist als Parkinson’sches Gesetz bekannt. Auch wenn Herr Parkinson seinerzeit einen satirischen Hintergrund hatte, ist doch einiges dran, an dem ‘Gesetz’. Daher habe ich mir angewöhnt, viele meiner Aufgaben zu timen. Das gibt mir eine Art “Raster”, das es mir ermöglicht fokussiert zu arbeiten, ohne ständig auf die Uhr schauen zu müssen.
Multi Timer erlaubt unter anderem mehrere Timer parallel laufen zu lassen und den automatischen Neustart eines Timers nach seinem Ablauf. Dies macht es möglich, eine Zeitspanne in weitere, noch kleinere Teile einzuteilen.

IFTTT – diese App ermöglicht es, Aufgaben zu automatisieren. Sei es das WLAN auszuschalten, wenn ein Standort verlassen wird, zu bestimmten Zeiten das Telefon stumm zu schalten oder auch einen Blog-Artikel zu speichern – zum Beispiel in Evernote – sobald er erscheint. Das erspart das unnötige Suchen und Surfen im Internet.


Um zum Abschluss den Bogen zurück zur Frage vom Anfang zu spannen: Ist Zeit wirklich Geld? Aus meiner Sicht : Nein! Zeit ist um ein vielfaches wertvoller, als Geld! Jetzt müssen wir nur noch lernen, das auch zu schätzen und uns entsprechend zu verhalten!


Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast diesen Artikel zu lesen! Ich hoffe, er war ein wenig lehrreich oder zumindest inspirierend. Hinterlasse mir gerne einen Kommentar oder schreibe mir eine E-Mail.
Bis bald,

Frank Schultz

Go for Goals

Intro

Jeder Mensch formuliert mehr oder weniger regelmäßig Ziele, sei es ganz bewusst oder auch “versteckt”, beispielsweise als Vorsatz. Manchmal kommen Ziele auch als “Träumerei” daher.
Ob es nun das eine Auto ist, eine neue Karriere als Maler oder endlich Spanisch sprechen zu können – hinter all diesen Träumen verstecken sich Ziele – sie müssen nur als solche formuliert werden. Dass die utopischen Träumereien oft so schnell wieder verworfen werden, liegt häufig gar nicht am Zeit- oder Geldmangel, sondern eher an schlichter Überforderung. Wir haben keine Ahnung, wie wir unser Ziel angehen müssen und deshalb fangen wir lieber gar nicht an.
Dabei braucht es oft nur eine gute Strategie! Diese Strategie beinhaltet häufig ein Langzeitziel, das den Traum greifbar macht, einige Etappenziele, mit deren Hilfe man sich, Schritt für Schritt, dem Langzeitziel nähert und realistische Tagespläne, die dafür Sorgen, dass die Überforderung gar nicht erst eintritt. Anders herum formuliert, lassen sich durch gute Planung viele Ziele erreichen.

Vom Traum zum Ziel

Um aus einem Traum ein echtes Ziel zu machen, muss man sich fragen, was es ist, das den Wunschtraum definiert; also wenn es beispielsweise darum geht, Jazzgitarrist zu werden, lautet die wichtige Frage: Was muss ich machen, um mich als Jazzgitarrist zu sehen und zu definieren?
Das Ergebnis dieser Überlegungen könnte sein, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt – beispielsweise in sechs Wochen, sechs Monate oder in einem Jahr – ein Mini-Konzert geben wird, zu dem Freude und Bekannte eingeladen werden. Vielleicht möchte ja einer der Eingeladenen kochen lernen, und sorgt für einen kulinarischen Beitrag. Gibt es eventuell einen Kollegen mit Barista-Ambitionen?
Auf jeden Fall wird es im nächsten Schritt Zeit, diese Definition näher zu beschreiben. Wie viel Stücke müssen auf dem Konzert gespielt werden? Fragt man einen Bassisten oder einen Gitarren-Kollegen, ob er (oder sie…) mitspielen mag, oder spielt man mit einem Play-Along, also einer Aufnahme, auf der die Gitarren-Stimme fehlt?
An dieser Stelle kommt die bereits erwähnte Strategie ins Spiel, um zu meinem Ziel – in sechs Wochen meinen Freunden etwas vorzuspielen – näher zu kommen.
Das bringt mich zu einem interessanten Prinzip, das sehr häufig greift, und das man sich beim lernen zu nutze machen kann: Der so genannte “Pareto-Effekt”. Vilfredo Pareto war ein italienischer Ingenieur und Soziologe, der, bei einer Untersuchung der Grundbesitzverteilung in Italien 1906, herausfand, dass 20% der Bevölkerung, 80% des Bodens besitzen.
Dieser Effekt ist als Prinzip sehr häufig anzutreffen; dabei geht es gar nicht so sehr um die exakten Zahlen. So kann man, angenommen, wir träumten davon Spanisch zu sprechen, mit ca. 20% des existierenden Vokabulars, ca. 80% der Konversationen führen. Nochmal: es könnten auch 30% der existierenden Wörter, 76% der Gespräche sein – die exakten Zahlen sind hierfür nicht wichtig! Wichtig ist herauszufinden, was die Puzzle-Teile sind, die immer wieder auftauchen und die gegebenenfalls einen Großteil dessen ausmachen, was wir lernen wollen. Im Beispiel mit der Jazzgitarre wäre eine II-V-I-Verbindung so ein Puzzle-Teil. Wenn die einmal – in den gängigsten Tonarten zuerst – gelernt sind, müssen wir sie im nächsten Stück nicht wieder neu lernen, sondern können uns auf die 20% des Stückes konzentrieren, die “neu” sind.
Um jetzt konkret eine Liste mit den Puzzle-Teilen erstellen zu können, was das denn nun für Dinge sind, die es zu üben gilt, muss recherchiert werden.
An dieser Stelle wird es Zeit für Experten!

Wer Antworten braucht, muss Fragen stellen

Es ist eigentlich ganz logisch: da ich ja (noch) kein Fachmann in meinem Traum-Gebiet bin, muss ich einen Fachmann fragen. Oder vielleicht auch zwei. Ich habe im folgenden einige Fragestellungen zusammengestellt, die weiterhelfen sollen.

– Wenn Du für die nächsten 6 Wochen nur zwei Dinge üben könntest, was wäre das?
– Wenn du in sechs Wochen einen Jazz-Einsteiger, der schon etwas Gitarre spielt, coachen müsstest, was wären die Themen, an denen du arbeiten würdest?
– Was sind die zwei Bücher, die du dem Einsteiger empfehlen würdest?
– Welche Stücke würdest du für das Projekt empfehlen?


Sinn und Zweck der Fragen sind um einen herauszubekommen, was für den Befragten das Wichtigste ist und ob er eine Art Reiseplan zum Ziel hat.
Jetzt muss ich nur noch die Adressaten für meine Fragen finden. Ein guter Startpunkt, ist hier Google (oder eine alternative Suchmaschine) und Suchbegriffe, wie: „Jazz“, „Gitarre” und „[Dein Wohnort]”. Es hilft auch sich über die Gitarrenszene zu informieren, vor allem im Bezug auf die Lehrer der “Helden”. Taucht hierbei ein Name häufiger auf, ist der ein guter Kandidat. Es kann auch nichts schaden eine (oder mehrere) tatsächliche Unterrichtsstunden zu nehmen!
Habe ich am Ende meiner Recherche eine Liste mit Begriffen, entstehen hieraus meine Etappenziele. Diese List muss nun häufig reduziert werden. Es sollten nur einige Begriffe übrig bleiben. Oft ist hier auch die Reihenfolge der Begriffe entscheidend. Gibt es ein Stichwort, das andere Dinge auf der Liste überflüssig oder zumindest wesentlich leichter macht? Damit sollte begonnen werden! Es ist sinnvoll mit den am häufigst genutzten Tonarten beim üben zu beginnen – das wären wahrscheinlich F, C, Bb und Eb. Dann folgt wohl G, was für die meisten Gitarristen eine gute Nachricht ist.
Es ist bedeutend wichtiger was geübt wird, als wie geübt wird! Aber ganz ohne “wie” geht es dann auch nicht.



Induktives und deduktives Lernen

Was nach furchtbar trockenem und schwerem Fachwissen klingt, beschreibt erstmal nur zwei Herangehensweisen, um komplexe Dinge zu lernen. Bei der induktiven Methode arbeitet man vom Kleinen ins Große, und bei der deduktiven vom Großen ins Kleine.
Für unser Beispiel bedeutet das, dass, wenn ich lernen möchte über eine II-V-I-Progression – also der wichtigsten Akkordfolge im Jazz – zu improvisieren, ich mich dem Ganzen nähern kann, indem ich viele Beispiele lerne, übe und mit der Zeit allgemeine Gesetzmäßigkeiten herleite
Wir bekommen so ein Gefühl für typische melodische Verläufe und beginnen mit der Zeit zu “hören” wie eine solche Linie klingen muss, bzw. kann. Unterbewusst lernen wir so, vor allem wenn wir uns mit den Melodien anderer Musiker beschäftigen, Dinge wie Phrasierung, Timing und Dramaturgie. Dies entspricht einem induktivem Ansatz. Der Vorteil hier ist der deutliche Praxisbezug, auch wenn es manchmal eventuell schwierig ist im einzelnen Fall zu entscheiden, da es ja noch kein konkretes “Regelwerk” gibt.
Wenn wir uns mit allgemeineren Dingen – wie einem Improvisationskonzept, Skalen und Arpeggios oder auch Themen wir “Chromatik” – beschäftigen, haben wir zu Beginn direkt unsere ”Gesetzmäßigkeiten” und können hieraus eigene Ideen herleiten. Das wäre ein deduktiver Ansatz. Der Vorteil bei diesem Ansatz ist, dass wir eindeutig zuordnen können, was zu tun ist, wobei hier schnell vergessen wird, das in der echten Praxis das Spiel nicht nach Lehrbuch funktioniert. Wir (er-)kennen alle den Unterschied zwischen dem Fremdsprachler, der ausschließlich in einer Schule gelernt hat und dem, der einige Zeit in dem entsprechenden Land gelebt hat.
Aus meiner Sicht ist das Zusammenspiel beider Ansätze am erfolgversprechendsten.

In kleinen Schritten zum Ziel

Jetzt, da ich weiß wie meine einzelnen Etappen aussehen, muss ich strategisch gesehen von vorne beginnen. Wie kann das definierte (Etappen-)Ziel in kleine überschaubare Teile zerteilt werden die dann über einen definierten Zeitraum gelernt und verinnerlicht werden sollen? Angenommen, auf meiner Set-liste – die Stücke für das Minikonzert, du erinnerst dich? – steht ein Blues in der Tonart F, dann könnten die einzelnen Zutaten aus der Bluestonleiter, Akkordgriffe für Dominant-Akkorde, das Improvisieren über, und das Begleiten von II-V-I-Verbindungen und Umgang mit Zwischendominanten auf der VI. Stufe bestehen.
Wenn die einzelnen Teile, mit denen ich mich beschäftigen will, feststehen, kommt wieder die Frage nach der richtigen Reihenfolge auf: Welcher Teil muss zuerst kommen? Für das Beispiel würde ich empfehlen, mit wenigen Akkord-Voicings einen Blues begleiten zu lernen. Das versetzt mich in die Lage, mir ein Play-Along aufzunehmen. Der nächste Schritt wäre dann, nur mit der Bluestonleiter ein kurzes Solo über die Form zu spielen. Hierfür kann zum Beispiel mit dem sogenannten “Qustion and Answer”-Konzept oder auch einer anderen formgebenden Idee, gearbeitet werden.
Wenn das gut funktioniert, kann ich mich um ein harmonische Detail kümmern, beispielsweise dem Ausspielen – also dem melodischen “Wiederspiegeln” der Harmonie – der so häufig erwähnten II-V-I-Progression in Takten 9 & 10. Dann dem vorbereitenden A7-Akkord in Takt 8. Und immer so weiter – bis mein definiertes Ziel erreicht ist. Das Definieren ist an dieser Stelle sehr wichtig, denn man kann, wenn kein Ziel gesetzt ist, ewig an jedem Thema arbeiten!

Üben

Über das Üben als solches habe ich bereits einige Blog-Artikel geschrieben – genau wie über die II-V-I-Verbindung, übrigens – deshalb möchte ich an dieser Stelle nur kurz darauf eingehen.
Der wohl wichtigste Aspekt beim Üben ist die Achtsamkeit. Damit ist kein New-Age-iges, pseudo-buddhistisches Konzept gemeint, sondern schlicht die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit eigenständig und urteilsfrei auf etwas zu lenken, das jetzt gerade stattfindet. Im Rahmen von Übungen einfach und ohne die richtige Geisteshaltung Wiederholungen “abzureißen”, bis die 10000 Stunden geschafft sind, ist nicht nur unnötig anstrengend, sondern oft einfach nicht zielführend!
Bei jeder Wiederholung sollte meine Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Teilaspekt dessen liegen, mit dem ich mich beschäftige. Vor den jeweiligen Wiederholungen, sollte – wenn möglich – eine Klangvorstellung vorhanden sein, und nach der Wiederholung genug Zeit für eine Reflexion. Es geht dabei nicht um ein Abstrafen oder Bejubeln meiner Leistung, sondern ein nüchternes Bewerten. Im übrigen ist das Ziel dieser Form der Übung nicht Perfektion, die ja nicht (dauerhaft) zu erreichen ist, sondern Mühelosigkeit. Wenn wir eine Sprache lernen wollen, geht es ja auch nicht in erster Linie darum Versprecher zu vermeiden, sondern darum, sich möglichst mühelos mit Anderen zu unterhalten.


Was du heute kannst besorgen…

Inzwischen hat sich ein ziemlich komplexes Projekt aus unserem Traum entwickelt. Wir haben das große Ganze heruntergebrochen in viele kleinere Etappenziele, die wir wiederum in möglichst kleine “Happen” zerteilt haben, alles mit einem konkreten Zeitplan versehen.
Aber wie sorge ich dafür, dass ich im Alltag auch spürbar meinem Ziel näher komme? Im Grunde genommen ist es ganz logisch: Genau wie die anderen Dinge, die ich regelmäßig angehen möchte, muss ich meinen “Etappen-Happen” Zeiträume zugestehen. Hier hilft eine täglich aktualisierte To-Do-Liste, am besten mit für jeden Punkt festgelegten Zeiten. Hierbei geht es nicht so sehr um das dringende Einhalten des Plans, sondern schlicht um Übersicht; wie schnell passiert es, dass man sich an einem Übungsprojekt verbeißt und Stunden an etwas arbeiten, ohne die anderen Dinge auf der Liste zu bedenken.
Außerdem gibt es auch für alles ein “zuviel”! Ich arbeite, um dem “zuviel” entgegenzuwirken, sehr gerne mit Timern, die mir ein Zeitraster liefern und dafür sorgen, dass ich absolut fokussiert an meinem jeweilige Projekt arbeiten kann. Wer sich einmal 15 Minuten mit den Umkehrungen eines Akkord-Voicings beschäftigt hat, weiß, dass das durchaus viel Zeit sein kann. Zwischen den Einheiten sollten kurze – 5 bis 10 Minuten – Pausen gemacht werden. Bei all dem müssen die Hinweise im Abschnitt “Üben” beachtet werden.
Interessant ist auch, dass es aus meiner Erfahrung für fast alles ein Minimum gibt. Gemeint ist die Übungs-Häufigkeit, um sich das Geübte auch langfristig merken zu können. Es ist nicht ausreichend ein Mal in der Woche für zehn Minuten etwas zu tun, aber etwas jeden zweiten Tag zu tun scheint effektiv zu sein. Die tatsächliche Zeit, die investiert werden muss, hängt vom Material ab. Hierfür habe ich persönlich ein Minimum von fünf Minuten, beispielsweise und ein Maximum von einer Stunde pro Listenpunkt.
Nicht zu vernachlässigen sind die Dinge die wirklich schnell gehen und die sprichwörtlichen Steine ins rollen bringen. Manchmal ist es nur eine E-Mail oder ein kurzer Anruf die jetzt getätigt werden sollten, und ein entscheidenden Schritt ist getan!

Coda

Es soll nicht leicht klingen, was ich hier beschreibe! Das ist es oft nicht! Aber es geht ja auch um nichts geringeres als deinen Traum. Je höher das Ziel gesetzt ist, desto mehr lohnt sich der Einsatz. Mal im ernst: Wenn wir uns vornehmen im Zeitraum von 2 Jahren, sagen wir 5 Kilogramm abzunehmen, der wird keine drastischen Änderungen an seiner Ernährung und Bewegungsalltag unternehmen. Wenn wir aber 10 Kilo in 6 Wochen ansetzten, ist das ganz etwas anderes! Und vielleicht schaffen wir keine 10 Kilo. Vielleicht sind es nur 5, aber auch das wäre in 6 Wochen doch ein beachtliches Ergebnis?
Anders ausgedrückt: Ist das Ziel bewusst hoch gesteckt sind auch Teilerfolge schon beachtlich.

Ein Wort zur Disziplin: Menschen sind im allgemeinen sehr schlecht in Sachen Disziplin. Außerdem glauben wir alle, dass wir zu den 2% gehören, die super-diszipliniert sind, aber in Wahrheit sind wir das nicht. Hier möchte ich einen letzten Punkt anführen, der sogenannten “operativen Konditionierung”. Hinter diesem Begriff steckt die einfache Tatsache, dass zur Motivation positive und negative Verstärkung genutzt werden kann, zu deutsch: Belohnung und Bestrafung. Der Punkt ist der, dass die Belohnung für uns oft nicht ausreicht und das negative Konsequenzen viel schneller zum Ziel führen! Es reicht, wenn an unsere Etappenziele eine dieser Konsequenzen gehängt wird, wobei das mit Verlust von Geld zu tun haben kann, mit ungeliebten Aufgaben oder auch dem automatischen Veröffentlichen peinlicher Bilder

;-)

Natürlich stellt dieser Text ein extrem da. So gradlinig und konsequent wie hier beschrieben, ist es in der Praxis natürlich (oft) nicht. Aber mit der richtigen Strategie sind unsere Träume keine Utopien mehr, sondern rücken in erreichbare Nähe. Und das ist doch einen Versuch wert, oder?

Ich freue mich über Kommentare oder auch eine E-Mail über die Homepage!

Bis bald,

Frank