Es gibt beim Musik machen verschiedene Adjektive, die häufiger genutzt werden. Oft sind das technische Begriffe, wie ‚laut‘, ‚leise‘ oder, gerade im Unterricht, Begriffe, die helfen sollen bestimmte Spielweisen hervorzuheben, wie ‚getragen‘ oder ‚lebhaft‘. In diesen Fällen wird ziemlich schnell klar was gemeint ist. Ein Wort – und die daran hängende Bedeutung – das aus meiner Sicht viel zu selten genutzt wird, ist der Begriff der Eleganz. Als ich neulich einen Schüler bat, das Stück noch einmal, nur eben etwas eleganter zu spielen, guckte er mich nur fragend an. Was ist denn bitte damit gemeint? Oder, wie er es formulierte: Häää?
Mode und viel mehr
Ich sah mich gegenüber dem fragend schauenden Schüler in der Situation den Begriff nun mit, am besten praktischem, Inhalt füllen zu müssen. Das erste was mir einfiel war – tatsächlich für uns beide etwas irritierend – Beispiele aus der Modewelt.
Nachdem das nicht zum erwünschten Verständnis bei meinem Schüler geführt hat, habe ich angefangen weiter über den Begriff nachzudenken und ein wenig zu forschen. Laut Wikipedia wurden vor allem im 18. Jahrhundert nach der neuesten Mode gekleidete Männer mit dem Begriff ‚Eleganz‘ beschrieben. Inzwischen wird der Begriff natürlich auch für Frauen genutzt, und häufig mit einer gewissen Schlichtheit assoziiert, wobei ’schlicht‘ nicht ganz richtig ist, nicht ganz ausreicht für eine Beschreibung! Ein schlichter Jogginganzug wird wohl kaum mit ‚Eleganz‘ in Verbindung gebracht. Oder andersherum: ein mit Pailletten besetztes Abendkleid wirkt erstmal nicht ’schlicht‘, kann dem Träger aber durchaus zu einer eleganten Erscheinung verhelfen.
Vielleicht kommen wir der Sache etwas näher, wenn wir uns andere Bedeutungen für den Begriff der Eleganz anschauen.
In den Naturwissenschaften, vor allem in der Mathematik, wird der Begriff der Eleganz genutzt um einen Beweis oder einen Lösungsweg zu beschreiben der besonders einfach, klar und nachvollziehbar ist. Auch hier könnte im übertragenen Sinne der Begriff ’schlicht‘ greifen.
Außerdem wird Eleganz mit Bewegung assoziiert. Tänzer, Artisten, Models oder auch Katzen bewegen sich elegant. Sie bewegen sich sicher, grazil und mit einer auffälligen Gewandtheit. Anmutig, sozusagen.
Und jetzt kommen wir wieder zum Instrument zurück. Wenn wir uns auf einem Instrument – egal welchem – gewandt, anmutig und sicher bewegen wollen, geht das über ein ‚richtig‘ weit hinaus! Viele Schüler – und ehrlich gesagt nicht nur die – haben das Ziel, das, was sie machen korrekt zu machen. Aber das ist nicht ausreichend! Wir sollten das Ziel haben, elegant zu spielen und dabei über Begriffe wie ‚Richtig‘ und ‚Falsch‘ hinausgehen. Um das zu erreichen, ist natürlich Üben – sogar Trainieren – nötig. Damit sollte auch das Ziel des Ganzen klar sein: Mühelosigkeit.
Erst wenn das, was ich übe mühelos – und ganz wichtig: nicht fehlerlos oder perfekt – beherrsche, kann sich die Eleganz einstellen. Und dann ergibt sich auch ein elegantes Erscheinungsbild, was uns in gewissem Maße zur Mode zurückführt.
Coda
Nur ein kurzer Nachtrag: Für allgemeine technische Übungen empfehle ich den Artikel ‚Griffbrett Gymnastik‘ und wenn dich interessiert, wie du am das Ziel der Mühelosigkeit erreichst, lies doch mal in die Texte ‚Übungsgedanken – Mit weniger mehr?‘ und ‚Von selbst so‘ hinein. Vielleicht helfen sie. Sollten noch Fragen oder Anmerkungen sein, schreib mir einfach eine E-Mail, unter Blog@frankschultzjazz.de.