Intro:
Ich möchte mit diesem Text eine interessante Pentatonik Tonleiter vorstellen und der Frage nachgehen, warum es sie gibt. Aber alles der Reihe nach! „Wieso“, wird vielleicht der eine oder andere schon gefragt haben, „eine Pentatonik? Gibt es denn mehr als die Eine?“
Die allermeisten Gitarristen haben es schon mal mit Pentatonik zu tun gehabt. Sie liegt gut auf dem Griffbrett, klingt gut und es lassen sich relativ schnell Blues-und Rock-Licks mit ihr spielen. Wir reden hier über die Tonleiter in Abbildung 1.
Abb.1:
Dies ist die A Moll, bzw. C Dur-Pentatonik, wie wir sie vermutlich alle spielen. Aber sie ist nicht die einzige Pentatonik die es gibt! Pentatonik bedeutet zunächst einmal nur, dass sie aus fünf Tönen (griech. Penta = Fünf) besteht, und da gibt es eine ganze Menge Möglichkeiten! Zum Beispiel ist ein großer Teil der japanischen Musik mit unterschiedlichsten Pentatoniken gespielt, und daher – also aus Japan – kommt auch die Variante, die ich hier vorstellen möchte:
Abb.2:
Diese 5-Ton-Reihe heißt „Akikaze-Joshi“, und ist aufgebaut wie unsere „normale“ Dur-Pentatonik, mit dem Unterschied, dass sie statt der Dur-Terz E, die Moll-Terz Eb beinhaltet. Das macht sie einer Moll-Pentatonik.
Praxis:
Für die praktische Anwendung müssen wir erstmal wissen wo die Tonleiter auf dem Griffbrett liegt. Deshalb habe ich sie in Abb. 3 für das ganze Griffbrett einmal aufgeschrieben. Vielleicht fällt dir die Ähnlichkeit mit der Dur-Pentatonik auf?
Abb.3:
Für die eigentliche Anwendung habe ich mir eine II-V-I-Verbindung in C Moll vorgenommen. Da die neue Skala ja, wie erwähnt, eine Molltonleiter ist, kannst du natürlich C-Akikaze-Johsi über den I-Akkord spielen:
Abb.4:
Die Töne der Skala färben den Akkord mit der großen None und der großen Sexte ein, so dass der Gesamtklang einem Cmi6/9-Akkord, beziehungsweise einem Cmi7,9,13 entspricht. Durch die Erweiterungen haben wir es mit einer sehr farbigen und relativ komplexen Variante eines Moll-Tonika-Akkordes zu tun!
Wenn du die Tonleiter genauer unter die Lupe nimmst, wirst du eventuell feststellen, dass in C Akikaze ein Ami7(b5)-Akkord steckt, und das bedeutet, dass wir auch den IImi7(b5) Akkord mit der Tonleiter „bedienen“ können! Hierfür müssen wir die Tonleiter nur von C- nach F-Akikaze verschieben.
Abb.5:
Wir können also die erste und die zweite Stufe der Akkordverbindung mit der neuen Tonleiter bespielen. Und was ist mit der fünften Stufe? Akikaze-Joshi kommt in der Durtonleiter einmal vor, mit dem Grundton auf der zweiten Stufe. Aber auch in der für den modernen Jazz so wichtigen Melodisch Moll Tonleiter kommt unsere Skala vor, und zwar direkt mit dem Grundton auf der ersten Stufe. Damit können wir Akikaze auch nutzen um Alterierte Klänge zu kreieren! Für den Fall, dass das jetzt zu schnell ging: Die sogenannte Alterierte Tonleiter entsteht auf der siebten Stufe von Melodisch Moll. Wenn ich also über einen G7(alt)-Akkord improvisieren möchte, muss ich nur Ab Melodisch Moll über den Akkord spielen. Oder eben Ab Akikaze-Joshi. Und das habe ich in Abb. 6 einmal getan:
Abb.6:
Warum eigentlich?
Ein anderes Thema, das im Raum steht, ist, ob es überhaupt sinnvoll ist eine ’neue‘ Pentatonik zu lernen, die Teil sowohl der Dur- als auch der Melodisch Moll-Tonleiter ist. Warum nicht direkt mit diesen Tonleitern Melodien spielen?
Wenn wir diese Frage von der anderen Seite her betrachten, muss man dann auch Fragen, ob zum Beispiel die „normale“ Pentatonik so etwas eine Einsteiger-Tonleiter ist, die ich vergessen kann, wenn ich die Durtonleiter und ihre Modi kennen gelernt habe?
Das ist natürlich nicht so! Jede Struktur – auch innerhalb einer bestehenden Tonleiter! – liefert einen eigenständigen Klang, der wiederum eine charakteristische Stimmung erzeugt. Wenn du also die Intervallstruktur von beispielsweise Akikaze-Joshi magst, und Teile deiner Improvisationen auf dieser Tonleiter basieren lässt, erweiterst du dein persönliches Klangspektrum um eben diesen Sound. So gesehen ist es ratsam möglichst viele dieser Strukturen kennen und spielen zu lernen!
Coda:
Am Schluss möchte ich nur noch kurz darauf hinweisen, dass ich es ratsam finde, sich einen möglichst einfachen Zugang zu suchen. Es ist wie beschrieben möglich, Akikaze-Joshi als Variation der Dur-Pentatonik zu betrachten. Oder aber als mi7,11(b5) Arpeggio. Je nachdem womit du dich intensiver beschäftigt hast, wird dir die eine oder andere Sichtweise leichter fallen.
Ich habe gern das Gefühl, dass ich nichts Neues lerne, sondern nur etwas Bestehendes erweitern muss, um auf das erwünschte Ergebnis zu kommen.
Ich hoffe der Artikel ist ein wenig lehrreich, inspirierend oder beides. Falls dich dieses Thema – oder andere auf Jazz, Improvisation oder Musik bezogene Themen – interessieren, stehe ich für Unterricht oder auch Workshops zur Verfügung! Bei Interesse, Fragen, Kritik oder Lob freue ich mich über einen Kommentar oder eine Email!Kategorien: