Für dieses Mal habe ich mir eine Linie eines anderen Helden von mir ausgesucht: Jonathan Kreisberg. Jonathan wuchs in Miami auf, und hat dort auch studiert, um dann später nach New York zu ziehen und dort einer der einflussreichsten Gitarristen der „neuen“ Generation zu werden. Er ist als Sideman – zum Beispiel mit dem Schlagzeuger Ari Hoenig – zu hören oder auch mit seinen eigenen Projekten. Besonders empfehlen möchte ich an dieser Stelle das Gitarren Solo Album „One“, das für mich nicht nur unter den Gitarren-Solo-Alben herausragt!
Unser Lick habe ich allerdings von einem Youtube-Video abgehört, von einer Live-Aufnahme des Standards „Out of Nowhere“ aus dem Jahr 2013.
Lickanalyse und ein bisschen Theorie..
Die Linie um die es hier geht ist über einen Eb7-Akkord gespielt. Jonathan bedient sich der Skala Lydian Dominant um den Akkord einzufärben, was eine ziemlich gängige Farbe für den Akkord ist. Lydian Dominant oder auch Mixolydisch#11, entsteht als Modus der Melodisch Moll Tonleiter auf der 4.Stufe, oder andersherum gesagt: wenn ich Mixo#11 über einen Eb7- Akkord spielen möchte, muss ich die Töne der Bb Melodisch Moll Tonleiter benutzen. Es lassen sich noch ein paar mehr Dinge über die Hintergründe der Tonleiter sagen, aber für diesen Text ist zunächst nur noch wichtig, dass sie aufgrund ihres offenen und interessanten Charakters oft auf Dominanten Verwendung findet, die sich nicht direkt auflösen sondern einen Moment verharren. Genau das macht der Eb7 Akkord in unserem Beispiel.
Die Band spielt das Stück übrigens in G-Dur, daher meine Vorzeichnung:
Jonathan bedient sich unterschiedlicher Arpeggios aus der Tonleiter und lässt die Linie immer weiter aufsteigen, bis wir ans Ende (zumindest meines) Griffbretts kommen – und das alles in 16tel Triolen bei 126bpm!
Das Motiv besteht aus 5 Tönen, die um eine Triolensechzehntel verschoben sind, mit Ausnahme der zweiten Figur, die auf dem 2. Beat beginnt.
Die erste Figur mit der wir es zu tun haben, ist ein Dbma7(#5) Arpeggio. Dann folgt ein C7sus2 Arpeggio, das so nicht Teil der Skala ist. Jonathan rutscht vom „db“ zum „d“, und ich könnte mir Vorstellen das der eigentlich wichtige Ton hier das „db“ ist und das „d“ nur durch die Aufwärtsbewegung der Linie entstanden ist. Damit blieben wir gedanklich in der Tonleiter, und addieren nur einen chromatischen Ton… Bei der dritten und vierten Figur handelt es sich um ein einfaches F7 Arpeggio, quasi in zwei Umkehrungen gespielt, gefolgt von einem Ami7(b5). Der nächste Akkord, ist ein Bbmima7, wobei Jonathan von der Sexte „g“ zur Septime „a“ rutscht, also man auch von einem Bbmimaj7,13 sprechen könnte – das sind alles nur theoretische Überlegungen. Das Ganze geht so schnell, das es kaum ins Gewicht fällt. Bei der vorletzten Figur haben wir es mit einem Cmi7 Arpeggio zu tun. Das Lick wird mit einem Dbmaj7(#5) Arpeggio beendet – auf dem gleichen Sound auf dem wir gestartet sind, nur eine Oktave höher!
What’s next?
Für mich ist immer wichtig nicht nur ein Lick gelernt zu haben, das ich dann immer über 2 Takte Eb7 spielen kann. Ich möchte möglicht viel aus allem herausholen, und vielleicht in der Lage sein ein ähnliches Lick zu improvisieren! Dazu zerlege ich die Melodie in ihre Einzelteile – wie oben – und bemühe mich darum möglicht allgemein gültige Aspekte herauszuziehen und dann zu üben. Zum Beispiel könnte man jedes Motiv rhythmisch verschieben. In beide Richtungen und um alle möglichen Notenwerte. Oder man könnte andere Arpeggios zu einer ähnlichen Linie zusammensetzen. In Bb Melodisch Moll entstehen durch Terzschichtung die folgenden Vierklänge:
Bbmimaj7 Cmi7 Dbma7(#5) Eb7 F7 Gmi7(b5) Ami7(b5)
und jeder dieser Akkorde könnte Teil des Licks sein. Man könnte das Ganze mit Dreiklängen versuchen. Oder in Dur. Oder in Harmonisch Moll. Man könnte das 5-tönige Motiv nutzen um einen polymetrischen Effekt zu kreieren. Oder alles auf einem anderen Saitensatz spielen.
Oder du genießt einfach die schöne Linie! Viel Spaß beim spielen!
Kommentiere oder schreib mir doch eine Nachricht wenn dir der Text gefällt oder Fragen auftauchen!